Borussia Mönchengladbach gewann verdient bei Hertha BSC Berlin. Grundstein für den 4:2-Sieg war eine erste Halbzeit, in der man dank gnadenloser Effektivität schnell 3:0 in Front lag. Danach wurde man erst nachlässig, fing sich dann aber wieder und schlug genau im richtigen Moment erneut zu. Die Protagonisten zeigten sich hinterher zufrieden.
Man musste sich schon die Augen reiben und konnte es im positiven Sinne kaum fassen, was Borussia Mönchengladbach da in den ersten zwanzig Minuten im Berliner Olympiastadion auf den Rasen brachte. Bei richtigem Berliner Schmuddelwetter mit Nieselregen und Temperaturen um fünf Grad brauchte der Motor der Fohlenelf nicht lange, um auf Betriebstemperatur zu kommen.
Die Borussen legten einen wahren Blitzstart hin, verwerteten von den ersten vier Torschüssen gleich drei und lagen so bereits nach zwanzig Minuten mit 3:0 in Front. Effektivität par Excellence. Lars Stindl, Thorgan Hazard vom Elfmeterpunkt und Raffael hießen die Torschützen.
Zügel zu sehr schleifen lassen
Eigentlich eine komfortable Führung, die eigentlich für viel Sicherheit und eine ganz breite Brust hätte sorgen müssen. Doch der Drops in Berlin war zu diesem Zeitpunkt gerade deshalb noch nicht gelutscht, weil die Borussen sich zu sehr in Sicherheit wogen und nachließen – wofür man prompt bestraft wurde, den Anschlusstreffer durch Vedad Ibišević kassierte und Glück hatte, zur Pause nicht noch den zweiten Gegentreffer kassiert zu haben.
»Wir haben klasse in die Partie gefunden und bis zum 3:0 ein super Spiel gemacht. Ankreiden lassen müssen wir uns, dass wir danach zu passiv waren und die Herthaner dadurch zurück in Spiel haben kommen lassen. Das müssen wir besser runterspielen«, wusste auch Lars Stindl hinterher. »In so Phasen müssen wir in Zukunft ruhig bleiben und dürfen uns nicht überrumpeln lassen. Daraus müssen wir lernen.«
»Das Einzige, was wir uns heute vorwerfen lassen müssen, ist, dass nach dem 3:0 der Sack hätte zu sein müssen«, sagte Christoph Kramer. »Da hätten wir eine klare Dominanz ausstrahlen müssen und den Gegner gar nicht mehr Ballbesitz überlassen dürfen.«
»Vieles war gut. In der Phase vor dem 1:3 waren wir aber ein bisschen passiv, haben zu viele Hereingaben und zu viele Standards gegen uns zugelassen, die gefährlich waren«, monierte Dieter Hecking. »Da war es fast logisch, dass der Anschlusstreffer fällt.«
Nach dem zweiten Gegentreffer kühlen Kopf bewahrt – Matchwinner Raffael
Und dann fiel nach dem Seitenwechsel neunzehn Minuten vor Schluss auch noch das 2:3, weil die Borussen es versäumten, den Sack endgültig zuzumachen.
Es war zu befürchten, dass die Borussen Fracksausen bekommen und das Spiel noch aus der Hand geben. Doch weit gefehlt. Die Borussen bewahrten Ruhe sowie einen kühlen Kopf und schlugen postwendend zurück. Erneut war es Raffael, der dreizehn Minuten vor Schluss endgültig den Sack zumachte und seinen 51. Bundesligatreffer für die Borussen erzielte.
Dass der Brasilianer an alter Wirkungsstätte traf, ist einer der schönen Geschichten, die nur der Fußball schreibt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Angreifer nach seiner Form gesucht und seit fünf Bundesligaspielen nicht mehr getroffen. Dass der Knoten dann „ausgerechnet“ bei seinem Ex-Klub platzte, löste auch bei Dieter Hecking Genugtuung und Freude aus. »Ich habe viel mit Raffa gesprochen und ihm gesagt, dass er sich nicht verrückt machen soll, dass er ein guter Spieler ist, dass das Glück wieder zurückkommen wird und dass er Vertrauen in seine Qualitäten haben soll. Es ist immer schön, wenn der Spieler das Vertrauen dann in der Form rechtfertigt so wie heute«, freute sich Hecking bei Sky.
»Raffa ist selbstkritisch. Er weiß, wann er gut und weniger gut spielt. Trotzdem wissen wir alle, was wir an ihm haben«, so Hecking weiter. »Wir sind natürlich sehr froh, dass Raffa heute eine so tolle Leistung gezeigt hat. Er hat eindrucksvoll bewiesen, dass man auf ihn noch nicht verzichten sollte.«
Platz drei »eine schöne Momentaufnahme« – Jetzt kommt der FC Bayern München
So war es ein erfolgreicher Abend in Berlin, an dem bis auf die Phase nach dem 3:0 bis zur Pause alles stimmte. »Wenn du 4:2 auswärts gewinnst, dann war vieles gut. Das freut uns natürlich«, resümierte Dieter Hecking und Christoph Kramer sah im ZDF ähnlich: »Wenn du 4:2 in Berlin gewinnst, dann darfst du hinterher nicht meckern.«
Nach dem dritten Auswärtssieg in Serie haben sich die Borussen zumindest bis zum heutigen Sonntag auf den dritten Tabellenplatz vorgeschoben. Eine schöne Momentaufnahme, nicht mehr und nicht weniger. Schließlich sind gerade einmal erst zwölf Spiele absolviert und die Liga sehr eng beisammen. »Man sieht, wie eng die Tabelle ist. Du musst konstant punkten. Deshalb war es heute umso wichtiger, dass wir gewonnen haben«, sagte Hecking.
»Wir wussten, dass wir auf Platz drei springen konnten. Über die schöne Momentaufnahme freuen wir uns. So wichtig ist der Tabellenplatz aber nicht«, sagte Denis Zakaria, der erneut eine starke Leistung bot. »Wir müssen auf uns und unser Spiel fokussiert sein und in jedem Spiel eine Top-Leistung abrufen. Dann werden wir am Ende der Saison sehen, wofür es reicht.«
»Der Sieg heute war wichtig, wenn man die Ergebnisse auf den anderen Plätzen sieht. Wir sind für den Moment glücklich, oben zu stehen. Das ist für den Kopf gut. Wir wollen diesen Weg weitergehen.«
Am besten schon in der nächsten Woche. Doch dann kommt kein geringerer als der FC Bayern München, der unter Jupp Heynckes auch spielerisch wieder voll in die Spur gefunden hat und stark daher kommt. Doch die Borussen wollen und werden alles in die Waagschale werfen, um den Rekordmeister das Leben so schwer wie möglich zu machen. »Wir wollen eine gute Partie abliefern. Natürlich wissen wir um die Stärke der Bayern«, so Stindl und versprach: »Aber wir werden in der nächsten Woche alles reinhauen.«
»Jetzt wollen wir natürlich endlich auch mal wieder zuhause gewinnen. Das sage ich mit einem Lächeln«, sagte Hecking. »Trotzdem ist es natürlich schöner, dass du in Berlin gewonnen hast und dann gegen die Bayern spielst. Wir werden uns drauf vorbereiten«.