Borussia Mönchengladbach kann also doch noch gewinnen. Gegen Hertha BSC Berlin gelang nach zuvor vier sieglosen Bundesligaspielen mal wieder ein Dreier. Doch nach dem 2:1-Duselsieg gegen die „Alte Dame“ brach hinterher alles andere als Euphorie bzw. großer Jubel aus. Im Gegenteil, es gab einen Disput vor der Nordkurve.
Nein. Friede, Freude, Eierkuchen und ausgelassenen Jubel gab es nicht bei Borussia Mönchengladbach nach dem 2:1-Sieg gegen die „Alte Dame“ aus Berlin. Im Gegenteil. Vielmehr gab es nach dem Abpfiff in der Nordkurve einen Disput zwischen Teilen der Fans – größtenteils von den Ultras – und der Mannschaft. Die Fans waren nachvollziehbar unzufrieden mit dem Auftritt der Borussen, die sich trotz der Energieleistung in der Schlussphase alles andere als mit Ruhm bekleckert und vor allem vor Pause eine ganz schlechte Leistung auf den Rasen gebracht hatten.
Allen voran Yann Sommer hatte sich im Innenraum an der Bande auf eine Diskussion mit den Fans eingelassen, dazu sagen wollte der Schlussmann nach dem Spiel aber nichts. Dafür aber Dieter Hecking, dem die ganze Sache überhaupt nicht geschmeckt hatte. »Wir werden diese Mannschaft immer schützen, weil sie eins immer hat: Charakter und Moral. Und wenn ich dann höre, was nach dem Spiel passiert, weil einige ganz wenige Fans meinen, unseren Torwart angehen zu müssen, dann finde ich das sehr bedenklich«, sagte der 53-Jährige und stellte klar: »Das hat bei Borussia nichts zu suchen.«
»Wir haben eine ganz schwache erste Halbzeit abgeliefert«
»Es wurde über die Art und Weise des Spiels diskutiert. Ich denke aber, dass wir uns nicht für den Sieg entschuldigen müssen. 70 Minuten waren von uns sicher nicht optimal, am Ende aber haben Wille und Einsatzkraft für uns entschieden«, sagte Lars Stindl, der die fünfte Gelbe Karte erhielt und somit in der kommenden Woche beim alten und neuen Deutschen Meister aus München fehlen wird. »Das tut Lars glaube ich sehr weh, weil er in München gerne dabei gewesen wäre«, sagte Hecking. »Andererseits ist er für mich auch ein Kandidat gewesen, ihn heute vielleicht nicht von Beginn an spielen zu lassen, weil er eben auch im Moment Woche für Woche arbeiten muss.«
Dass es zur Pause ein kurzes, aber saftiges Pfeifkonzert, mit dem die Borussen in die Kabinen geschickt wurden gab, konnte Hecking zumindest ein Stück weit verstehen. »Jeder im Stadion hat gesehen, dass die Mannschaft nicht vor Selbstvertrauen strotzt im Moment. Wir haben eine ganz schwache erste Halbzeit abgeliefert«, gab Borussias Trainer unumwunden zu. »Das lag sicherlich auch daran, dass Hertha in meinen Augen richtig gut gespielt hat. Sie haben uns sehr früh attackiert und uns Probleme im Spielaufbau gemacht. Wir waren zu langsam, zu behäbig und haben nur hinten herum gespielt. Da kann ich jeden Pfiff, den es zur Halbzeitpause gab, verstehen – auch wenn ich weiß, dass die Mannschaft im Moment eine komplizierte Situation zu meistern hat.«
»Dass das Spiel jetzt nicht prickelnd war und die Fans nicht berauscht sind, wissen wir und die Mannschaft auch. Wir haben im Borussia-Park oft Spiele gehabt, wo wir brillant gespielt, aber verloren haben. Heute haben wir „dreckig“ gewonnen. Das sollte uns auch mal zugestanden sein«, sagte Max Eberl. Besonders die erste Halbzeit hatte den Fans übel auf den Magen geschlagen, weil die Borussen rein gar nicht in die Pötte kamen. »In der ersten Halbzeit haben wir überhaupt kein gutes Spiel gemacht. Wir sind nicht gut reingekommen und haben die Zweikämpfe nicht richtig angenommen«, monierte Patrick Herrmann. »Das wollten wir in der zweiten Halbzeit unbedingt besser machen – das ist uns gelungen.«
Joker Hazard dreht das Spiel
Und das auch, weil Hecking das System von 3-5-2 wieder auf 4-4-2 umstellte und mit Thorgan Hazard den Sieg einwechselte. Der Belgier hatte erstmals in dieser Saison zunächst auf der Bank Platz genommen und beendete mit dem Ausgleich seine Torflaute von 832 Minuten.
»Das war okay für mich. Ich habe kein Problem mit der Entscheidung vom Trainer. Ich weiß, dass ich in den letzten Wochen keine gute Phase hatte. Da muss man mit einer Pause auch mal rechnen«, zeigte sich Hazard diplomatisch und fügte an: »Aber dann habe ich ja noch den Zlatan gegeben (lacht). Er ist ja in seinem ersten Spiel für Los Angeles Galaxy neulich auch von der Bank gekommen und hat zwei Tore zum Sieg geschossen. Ich bin natürlich nicht so gut wie Zlatan. Aber es war heute das gleiche Szenario.Ich bin sehr froh, dass ich heute zwei Tore gemacht habe. Dass wir gewonnen haben ist sehr wichtig für uns alle.«
»Thorgan Hazard hat nach seiner Einwechslung eine großartige Reaktion gezeigt. Es zeigt, was für eine Qualität bei uns von der Bank kommen kann. Er hat sich diese beiden Tore daher absolut verdient«, freute sich Eberl für den Belgier. »Thorgan hat sich damit für die letzten Wochen belohnt, in denen er auch schon viel gearbeitet hat, aber nicht so effizient war.«
»Ich brauche „Toto“ nicht kitzeln. Er hat nach jedem Spiel die höchste Laufleistung und die meisten Sprints aller. Er musste bisher jedes Spiel spielen, weil wir eine Personalsituation hatten, die nicht zufriedenstellend ist. Heute war es möglich, ihm mal von Beginn an eine Pause zu geben, weil wir endlich mal wieder eine Bank hatten, wo ich reagieren konnte«, sagte Hecking. »Deshalb bin ich natürlich froh, dass Toto die zwei Tore gemacht hat, weil ihm das für die letzten fünf Spiele natürlich hoffentlich auch Auftrieb gibt. Gott sei Dank war Thorgan sofort da und hat das Spiel gedreht.«
»Wichtig ist, dass wir gewonnen haben«
Und weil dem eben so war, durften die Borussen am Ende als Sieger vom Platz gehen. Und das als einer, der zwar abermals Moral gezeigt und diesmal auch das nötige Quäntchen Glück mit positiven Entscheidungen aus Köln gehabt, aber wenig bis gar nicht geglänzt hat. Dahingehend waren sich alle Beteiligten einig und redeten dann auch nicht um den heißen Brei herum. »Es war bestimmt kein brillanter Sieg«, wusste auch Eberl. »Wir hatten heute das Quäntchen Glück auf unserer Seite. Mit der Effizienz, die uns zuletzt leider gefehlt hat, haben wir heute 2:1 gewonnen. Das ist sehr positiv.«
»Es war für uns auch viel Glück dabei. Es gab aber auch schon viele Spiele, in denen wir richtig gut gespielt, aber trotzdem verloren haben. Insofern sei es uns auch mal gegönnt, nach einem nicht ganz so guten Spiel, drei Punkte mitzunehmen«, sah es Patrick Herrmann genauso. »Der Sieg war heute unheimlich wichtig, auch wenn wir uns nicht mit Ruhm bekleckert haben.«
»Es fühlt sich gut an, auch mal wieder ein Spiel zu gewinnen. Es war ein schlechtes Spiel von uns heute gegen Berlin. Aber das ist egal, am Ende zählt nur das Ergebnis«, sagte Christoph Kramer. »Gut spielen und gewinnen wäre mir auch am liebsten. Aber manchmal geht es nicht so, wie man sich das wünscht. Wichtig ist, dass wir gewonnen und damit drei wichtige Punkte eingefahren haben.« Womit die Borussen nun 40 Punkte auf dem Konto haben und sich mit der Thematik Abstiegszone nicht mehr beschäftigen müssen. Gleiches gilt wohl auch weiter für das Thema Europa, wenngleich die Hoffnung ja bekanntlich zuletzt stirbt.