
Bei Borussia Mönchengladbach ist Eugen Polanski seit Saisonbeginn verantwortlicher Trainer im Übergangsbereich zur Lizenzmannschaft. Im Zuge dessen kümmert sich Polanski auch um die zahlreichen Top-Talente der Borussia und hat ein Auge auf den Fohlenstall. Im Interview mit unserer Redaktion spricht der 34-Jährige unter anderem über die aktuelle besondere Situation, seine Aufgaben beim VfL und den Trainerberuf an sich. Dazu schaut er auf die ausgeliehenen Spieler und spricht über Famana Quizera und Mamadou Doucouré.
Fohlen-Hautnah: Eugen, auch Dir die in diesen Tagen und Wochen wichtigste Frage: Wie geht es Dir und Deiner Familie?
Eugen Polanski: Zwar ist die Situation für uns alle ungewohnt, aber meiner Familie und mir gehts gut.
Fohlen-Hautnah: Ihr musstet lange ohne Ball auskommen. Wie hast Du die Zeit zuhause verbracht und was fehlt Dir aktuell am meisten?
Eugen Polanski: Seit Jahren hat man bis auf die Sommerpause an jedem Wochenende mit dem Spieltag immer einen Höhepunkt. Das ist immer ein Adrenalinschub, auf den man als Spieler und auch als Trainer hingearbeitet hat. Das fällt uns allen jetzt erstmal weg und wir sind wie alle anderen Branchen weltweit auch betroffen. Man merkt jetzt erst richtig, dass uns der Alltag fehlt. Auf der anderen Seite erkennt man jetzt richtig, wie schön das Leben sonst eigentlich ist, wenn man etwas zu tun hat. Unabhängig davon habe ich drei Kinder. Das heißt, zuhause ist immer etwas los. Ich konnte sehr viel Zeit mit der Familie verbringen, ich muss auch nicht jeden Tag in die Stadt laufen. Aber natürlich fehlen mir die spontanen Treffen mit Freunden und Bekannten. Wir lassen uns aber auf all diese Regeln gerne ein, denn die Gesundheit steht immer an oberster Stelle.
Fohlen-Hautnah: In Deutschland war Borussia der erste Klub, bei dem die Profis, das Trainerteam und auch Verantwortliche auf Teile ihres Gehalt verzichtet haben, auch die Fans unterstützen den Klub. All das dürften nachhaltige Beweise für den „Familien-Klub“ Borussia sein…
Eugen Polanski: Auf jeden Fall. Ich hatte bei Borussia immer das Gefühl, dass es um die Menschen geht und nicht um wirtschaftliche Interessen. Aktuell herrscht im gesamten Verein eine sehr große Menschlichkeit. Der Zusammenhalt ist groß. Wir haben nicht auf Geld verzichtet, weil es unbedingt sein muss, sondern weil es hier um die Mitarbeiter und deren Familien und um die Arbeitsplätze ging. Deshalb hat mich das schon ein Stück weit berührt, wie viele uneingeschränkt sofort mitgezogen sind. Wir haben schon viele Danksagungen bekommen, das ist schon sehr beeindruckend. So schwer die Zeit auch ist, aber jetzt man merkt auch wieder, was Menschlichkeit bedeutet und was es auf der ganzen Welt für Probleme gibt. Vielleicht sollten wir aus dieser Situation die richtigen Lehren ziehen.
Fohlen-Hautnah: Wie schwierig war die aktuelle Situation für euch als Trainerteam? Ihr habt die Jungs ja bis vor kurzem nicht täglich sehen können.
Eugen Polanski: Die Situation war so wie für alle anderen auch. Etwas Vergleichbares gab es bisher noch nicht. Der Spannungsaufbau für das Wochenende ist für uns alle weggefallen. Deshalb mussten wir uns Gedanken machen, wie wir die Spannung bei den Spielern aufrecht erhalten können. Keiner wusste genau, was passieren wird und auf welchen Tag wir hinarbeiten. Wir haben uns dann gemeinsam Gedanken gemacht. Marco Rose hat das sehr gut angeleitet und versucht, das Beste draus zu machen. Insgesamt war die Situation für uns schwierig, trotzdem haben wir sie bis hier hin gut gemeistert. Ob wir alles richtig gemacht haben, werden wir aber erst im Nachgang sehen, wenn die Bundesliga fortgesetzt wird.
Fohlen-Hautnah: Jetzt dürft ihr zumindest unter Auflagen wieder in kleinen Gruppen trainieren. Wie muss man sich da einen Arbeitsalltag von euch vorstellen?
Eugen Polanski: Derzeit gibt es viele verschiedene Auflagen. Wir trainieren aktuell in kleinen Gruppen. Mittendrin hatten wir auch mal ein paar Tage, wo gar kein Training erlaubt war. Es hat sich von Woche zu Woche geändert. Wir wechseln uns im Trainerstab natürlich auch ab, damit nicht alle gleichzeitig auf dem Platz stehen. Ich kann und darf auch weiterhin sehr viel beobachten, deshalb konnte ich auch in der jetzigen Situation viel lernen.
Fohlen-Hautnah: Und wie muss man sich generell einen Arbeitstag von Dir unter „normalen“ Umständen vorstellen?
Eugen Polanski: Morgens komme ich in den Borussia-Park, meistens haben wir dann zwei Stunden vor dem Training schon eine Besprechung. Ich bin grundsätzlich bei allen Entscheidungen dabei. Wer trainiert mit und wie sind die Trainingsinhalte. Wenn ich vorher schon weiß, welche jüngeren Spieler am Training teilnehmen, dann beobachte ich die natürlich intensiver, nehme aber trotzdem am Training teil. Ich schaue bei den jüngeren Spielern genau hin, ob sie die Inhalte verstanden haben und wie sich präsentieren. Auf der anderen Seite versuche ich aber auch viel von Marco Rose, Alexander Zickler, René Maric und Frank Gedeck mitzunehmen und zu lernen. Am Wochenende schaue ich mir dann viele Jugendspiele an und schneide verschiedene Spielszenen zusammen, sodass ich hinterher mit den Spielern sprechen und eine kleine Analyse machen kann. Dazu beobachte und betreue ich auch die Spieler, die aktuell ausgeliehen sind.
Fohlen-Hautnah: Apropos Übergangsbereich zwischen Jugendmannschaft und der Lizenzspielerabteilung. Kannst Du diesbezüglich Deinen Aufgabenbereich mal etwas genauer skizzieren…
Eugen Polanski: Der Übergangsbereich fängt bei der U17 an und endet bei der U23. Spieler, die bei uns mittrainieren, aber noch keine gestanden Bundesliga-Spieler sind, versuche ich intensiver zu betreuen. Dann versuche ich mir natürlich so viele Spiele wie möglich anzuschauen. In den einzelnen Jahrgängen gibt es ein paar Top-Talente, die ich mir sehr genau anschaue und von denen ich dann anschließend Videosequenzen zusammenschneide. Die bereite ich dann unter der Woche mit den Jungs nach und führe viele Einzelgespräche. Zudem habe ich zweimal in der Woche EDF-Training (Eliteschule des Deutschen Fußballs, Anm. d. Red.). Daran nehmen Spieler aus dem Internat und der näheren Umgebung teil. Die sind dann morgens für zwei Stunden vom Unterricht befreit, müssen den ausgefallenen Schulstoff aber natürlich nachholen.
Fohlen-Hautnah: Du bist nun seit über einem Jahr wieder bei Borussia. Zunächst als Praktikant in der U23, dann als Verantwortlicher für den Übergangsbereich. Wenn du mal die Zeit bis hierhin Revue passieren lässt…
Eugen Polanski: Es ist in sehr kurzer Zeit sehr viel passiert. Ich habe im Praktikum bei der U23 sehr früh gemerkt, dass es mir großen Spaß macht, als Trainer oder auch Co-Trainer auf dem Platz zu stehen und den Jungs etwas beizubringen. Ich habe schon sehr viele Dinge gelernt und habe auch das Gefühl, dass ich schon einige Dinge mit einbringen konnte. Natürlich war es auch ein sehr großer Vertrauensbeweis von Borussia, mir ohne große Vorkenntnisse im Trainerbereich diesen Posten zu übergeben. Das Vertrauen möchte ich zurückzuzahlen. Ich versuche jeden Tag, so viel wie möglich aufzusaugen und mich einzubringen.
Fohlen-Hautnah: Wie läuft in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit Marco Rose, Max Eberl und vielleicht auch Roland Virkus? Denn Du bist ja auch für die Talente des Nachwuchses verantwortlich.
Eugen Polanski: Die Zusammenarbeit mit Marco Rose, Max Eberl und Roland Virkus läuft perfekt, das kann ich nicht anders sagen. Ich habe mit allen dreien so gut wie jeden Tag Kontakt, wir stimmen uns über alles sehr eng ab. Ich bin jeden Tag bei Marco im Büro und bin an der Planung des Trainings beteiligt. Der Austausch ist sehr gut. Marco saugt vieles auf und schaut sich auch Spieler aus der U23 und teilweise aus den Jugendmannschaften an. Er bekommt von mir immer ein Feedback über die Spieler, die von uns an die U23 abgestellt sind, und über die verliehenen Spieler. Das alles läuft bei Borussia absolut vorbildlich ab. Mit Roland tausche ich mich auch sehr oft aus. Er ist in seinem Beruf auch schon sehr lange tätig, deshalb kann ich auch von ihm viel mitnehmen. Für mich ist das Zusammenspiel einfach perfekt.
Fohlen-Hautnah: Generell sind Jobs im Profi-Fußball gleichermaßen begehrt und rar. Kann man sagen, dass Du, noch dazu bei Borussia, Deinen Traumjob gefunden hast?
Eugen Polanski: Vor zweieinhalb Jahren hätte ich noch nicht geglaubt, dass ich mal Trainer werde. Jetzt weiß ich, dass mir das echt Spaß macht. Ich habe am eigenen Leib erfahren, welchem Umfang der Job mit sich bringt und wie es ist, ein Training zu gestalten und Planungen auszuführen. Ich bin froh, dass ich diesen Job bei Borussia Mönchengladbach ausüben darf, weil es eine Leidenschaft von mir ist. Es gibt nichts Schöneres, als bei „seinem“ Verein arbeiten zu können. Wohin die Reise geht, kann ich aktuell noch nicht sagen. Man muss schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Aber die Hauptsache ist, dass es mir großen Spaß macht.
Fohlen-Hautnah: In wie weit hat Dir da auch deine kurze Zeit beim FC St. Gallen geholfen?
Eugen Polanski: Dort war es von Beginn an eher ein Praktikum. Trotzdem habe ich in dieser Zeit gemerkt, wie schön dieser Job ist. Natürlich hat es mir geholfen. Trotzdem ist die Entscheidung, Trainer zu werden, erst in Mönchengladbach gereift und gefallen. Da hat mich das richtig stark gepackt.
Fohlen-Hautnah: Als Trainer ist man mitunter gerade auch bei jungen Spielern als Psychologe gefordert. In wie weit hat Dir da Deine Spielerkarriere geholfen und wie bildest Du Dich vielleicht auch in diesem Bereich weiter?
Eugen Polanski: Man bildet sich in jedem Bereich weiter, denn jeden Tag erlebt man etwas Neues. Es gibt oft kurzfristige Entscheidungen und Änderungen, schließlich arbeitet man ja mit Menschen zusammen. Mir hilft meine Karriere schon, weil ich mir nie etwas vorwerfen lassen wollte. Ich habe immer alles versucht, um den jeweiligen Trainer zu überzeugen. Das versuche ich auch den jungen Spielern zu zeigen und zu vermitteln. Es gibt bei den Spielern sicherlich mal die ein oder andere Enttäuschung oder Niederlage, aber das muss man in positive Energie und Arbeit umwandeln. Dann wird man über kurz oder lang erfolgreich sein. Das versuche ich den Jungs mit auf den Weg zu geben. Als Spieler wollte ich nie etwas geschenkt haben. Deshalb hoffe ich, dass die meisten Spieler auch so denken. Egal wie gut man ist, man muss immer für irgendetwas arbeiten. Talent alleine reicht nicht, wenn man nach ganz oben möchte. Da gehört so viel dazu.
Fohlen-Hautnah: Bist Du gerade in diesen schweren Tagen und Wochen besonders gefordert, mit den jungen Spielern über diese und ihre Situation zu sprechen?
Eugen Polanski: Aktuell ist das nur teilweise relevant, weil die Jugendspieler ja nicht trainieren dürfen. Hier ist eher die Eigeninitiative gefragt. Vielleicht zeigt sich hier auch der Charakter, gerade eines jungen Spielers. Wer tut alles, um Profi zu werden. Aus diesem Virus wird ganz bestimmt ein wirtschaftlicher Schaden entstehen und vielleicht ist es dann auch so, dass sich nicht jede Bundesliga-Mannschaft nur neue Spieler kaufen kann und deshalb auch verstärkt auf den Jugendbereich zurückgreifen muss. Auch das kann aktuell für die jungen Spieler eine Motivation sein. Aber so wie ich das mitbekomme, ziehen alle ihre Trainingspläne durch.
Fohlen-Hautnah: Dein Vertrag bei Borussia läuft noch bis Sommer 2021. Hast Du Dir schon Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen kann und mit Borussia über eine Ausdehnung des Vertrags gesprochen? Bekanntlich sucht die U23 ein neues Trainerteam…
Eugen Polanski: Das ist bisher kein Thema gewesen. Stand jetzt ist das auch absolut kein Thema. Wir haben aktuell ganz andere Sachen zu tun. Ich kann und will in der jetzigen Position noch sehr viel lernen. Ich bin so zufrieden, wie es derzeit ist. Was dann noch alles kommt, wird die Zukunft zeigen.
Fohlen-Hautnah: Du „bastelst“ aktuell an Deiner A-Lizenz. Wie weit bist Du da und wie ist Dein Zeitplan für den Fußball-Lehrer?
Eugen Polanski: Durch das Corona-Virus ist der A-Lizenz-Lehrgang erstmal verschoben worden. Deshalb muss ich auf eine Antwort vom DFB warten, wann der Lehrgang stattfindet. Generell steht die die A-Lizenz aber bevor und ich hoffe, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis ich sie in den Händen halten kann. Im Zuge des Lehrgangs bin ich dann zweimal für jeweils eine Woche in Hennef, dazwischen gibt es dann noch zahlreiche Online-Seminare. Ich muss aber danach noch ein Jahr als Trainer mit einer A-Lizenz arbeiten, da reicht mir dann der aktuelle Job bei Borussia. Dann kann ich den „Fußball-Lehrer“ machen.
Fohlen-Hautnah: Du bist auch für die Spieler zuständig, die verliehen sind. Beobachtest Du die intensiver als andere und wie hast Du sie bei ihren jeweiligen Vereinen bisher gesehen? Wie schwer war es vor allem für Julio, der ja bei Borussia aufgrund seiner Herkunft nicht für die U23 spielberechtigt ist?
Eugen Polanski: Ich reise viel und schaue mir die Spiele von ihnen an. Ich war zum Beispiel schon mehrmals in Hamburg und habe mir Jordan Beyer angeschaut. Zudem war ich auch schon in Österreich bei Andreas Poulsen und Julio Villalba. Die Jungs wollen sich natürlich so gut es geht zeigen und spielen. Bei Andreas und Jordan war das bisher der Fall, Julio war leider wieder verletzt. Ich glaube, auch als ausgeliehener Spieler findet man es toll, wenn sich Borussia sich für die Leistung interessiert. Das möchte ich den Spielern auch vermitteln. Wir stehen im ständigen Austausch und haben regelmäßigen Kontakt. Auch hier schneide ich Spielsequenzen zusammen und spreche viel mit den Jungs. Dann können hier und da auch Probleme im Alltag auftreten, denn die drei waren noch nicht so weit weg von Zuhause. Da stehe ich ihnen auch mit Rat und Tipps zur Seite. Mit Jordan und Andreas habe ich bisher sehr positive Erfahrungen gemacht. Sie hinterlassen einen positiven Eindruck und haben bei ihren Klubs gute Leistungen gezeigt. In dem Alter ist es einfach auch wichtig, auf hohem Niveau zu spielen. Das war bei Julio bisher nicht der Fall, weil er sich leider wieder verletzt hat. Bei ihm müssen wir schauen und abwarten, wann er wieder ans Spielen kommt. Da gilt es abzuwarten, wann in Österreich wieder gespielt werden kann.
Fohlen-Hautnah: Wie schätzt Du die Situationen bei Mamadou „Mams“ Doucouré ein und wie hat Dir Jacob Italiano bisher gefallen?
Eugen Polanski: Bei Mams wünsche ich mir nichts mehr, als dass er seine Pechsträhne, die er bisher hatte, endgültig verlässt und er langsam ans regelmäßige Spielen kommt. Man sieht im Training einfach seine Qualitäten und merkt, dass er lange keine Pflichtspiele gespielt hat und keinen richtigen Rhythmus hat. Aber von den Qualitäten her ist es unfassbar, was er drauf hat – auch mental. In den jungen Jahren schon so viele Rückschläge zurückzustecken, ist schon stark. Wenn er es schafft, gänzlich zurückzukommen, wird er sehr viel stärker sein, als er es eh schon war. Ich habe ihn bei den Spielen in der U23 gesehen. Da hat er mir gefallen. Ich habe Hoffnung, dass er es schafft. Aber es tut ihm natürlich nicht gut, dass aktuell kein Spielbetrieb ist. Jacob Italiano ist ein Junge, der von seinem Naturell her schon sehr viel mitbringt. Er hat eine sehr gute Grundschnelligkeit und hat ein sehr gutes Spielverständnis. In der Defensive muss er noch etwas dazulernen. Aber dafür, dass er erst ein Dreivierteljahr bei uns ist, hat er es sehr gut gemacht. Er spricht schon relativ gut Deutsch und versteht schon relativ viel. Jacob ist unheimlich wissbegierig. Eigentlich kann er ja noch A-Jugend spielen. Er ist schon sehr weit und wir hoffen, dass wir ihn jetzt auf das nächste Level bekommen.
Fohlen-Hautnah: Bei Borussia gilt Famana Quizera als ein großes Talent. Wie hast Du ihn bisher gesehen, auf welchem Weg ist er und wie sieht Marco Rose ihn?
Eugen Polanski: Famana ist sicherlich momentan das Aushängeschild der Jugend von Borussia. Was die Dinge mit Ball betrifft, ist er unheimlich weit. Da stauen wir mitunter schon, wie gut er da ist und was für eine Technik er hat. Er ist ein Straßenfußballer und will eigentlich nichts anderes, als Fußball spielen. Das ist auch gut so, denn ich glaube, sowas braucht man. Er ist eigentlich noch für die U19 spielberechtigt und hat dort auch Spiele gemacht. Dann ist er ein halbes Jahr mit einer Schulterverletzung ausgefallen. Trotzdem hat man schon gemerkt, dass er in der A-Jugend- Bundesliga nicht wirklich gefordert wird. Wir haben ihn dann hochgezogen. Er trainiert jetzt schon sehr lange bei den Profis mit. Man sieht, dass er schon viele Dinge adaptiert und dazugelernt hat, ihm es aber in der Defensive noch schwer fällt, das umzusetzen, was der Trainer vom ihm verlangt. Das hat aber auch mit der noch vorhandenen Sprachbarriere zu tun. Er spricht zwar schon ganz gut Deutsch, aber wenn es schnell geht, hat er noch Probleme. In der Defensive muss er noch zulegen. Aber es ist noch keiner vom Himmel gefallen. Der Junge ist richtig gut, trotzdem steht da noch richtig viel Arbeit an. Wir wollen ihn noch besser machen und auf ein Niveau bringen, bei dem er mannschaftsdienlich ist und er der Mannschaft defensiv wie offensiv helfen kann. Aber die Schritte, die er bis hierhin schon gemacht hat, sind Gold wert für ihn. Er ist weiter als alle anderen in der Jugend. Marco hatte in Salzburg schon viele gute Talente und weiß, wie sie anzupacken sind.
Fohlen-Hautnah: Bist Du auch beim Scouting neuer Spieler mit eingebunden und versuchst vielleicht sogar die Vorgaben von Marco Rose und für den Jugendbereich mit umzusetzen?
Eugen Polanski: Grundsätzlich gehört das nicht zu meinen Aufgaben. Ich schaue sicherlich viele Spiele, auch in der Jugend. Wenn mir da jemand auffällt, sage ich sicherlich Roland Virkus, Mario Vossen oder auch Steffen Korell bescheid.
Fohlen-Hautnah: Du bist auch für die Top-Talente des Fohlenstalls zuständig und hast Dir sicherlich viele Spiele und Spieler genau angeschaut. Wer ist Deiner Meinung nach aktuell auf dem besten Wege, es in naher und ferner Zukunft in den Profibereich zu schaffen?
Eugen Polanski: Namen möchte ich da nicht nennen. Wenn man sieht, wie gut die U19 in der Tabelle steht, spricht das für sich, den Trainer und das ganze Team. Da haben wir schon drei, vier Spieler, die perspektivisch wirklich den Sprung schaffen können. Aber da fehlt noch was, das ist ganz klar. Vor allem im athletischen Bereich müssen wir schauen, dass wir sie auf ein sehr gutes Niveau bekommen. Denn Talent ist das eine, Robustheit ist das andere. Auch in der U17 gibt es zwei, drei Spieler, die einfach gut sind, die es gut machen und die das Zeug haben, es bis nach oben zu schaffen. Aber das ist schon noch ein weiter Weg.
Fohlen-Hautnah: Gibt es ein Trainervorbild oder auch Vorbilder, denen Du nacheiferst beziehungsweise von denen Du Dir was abgeschaut und mitgenommen hast?
Eugen Polanski: Ich hatte das große Glück, dass ich richtig gute Trainer hatte und viel lernen konnte. Ich durfte auch unter Jupp Heynckes spielen. Wie er mit Spielern und Situationen umgegangen ist, das war schon stark. Thomas Tuchel kam als Noname in die Bundesliga nach Mainz. Er hat unheimlich viele neue Dinge gemacht und hat versucht, die Mannschaft zu überzeugen. Er hat trainiert, um besser zu werden. Das ist ihm gelungen. Dann kam 2013 Julian Nagelsmann als mein letzter Trainer – Einfach das Non plus ultra. Fachlich wie menschlich sind alle drei auf einem Level gleichzusetzen. Bei ihnen hatte alles Hand und Fuß. Da konnte man schon sehr viel mitnehmen. Und wenn ich es schaffe, Trainer von einer Mannschaft zu sein, werde ich versuchen, einen ähnlichen Stil zu entwickeln. Auch Marco Rose denkt ähnlich wie die drei, trotzdem unterscheiden sie sich alle völlig voneinander. Da ist es das Schöne, dass man da seinen eigenen Stil rausholen kann.
Fohlen-Hautnah: Du hast das bisher einzige Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte miterlebt. Was war das für eine Erfahrung für Dich und wie wichtig wäre es in Deinen Augen, dass die Saison noch zu Ende gespielt wird?
Eugen Polanski: Das war eine neue Situation und völlig fremd von dem, was man normal gewohnt ist. Von außen hat es sich echt nicht gut angefühlt. Trotzdem glaube ich, dass es die Mannschaft top umgesetzt hat. Sie hat sich auf sich fokussiert. Wir haben es fast 70 Minuten lang gut gemacht. Vielleicht haben wir gegenüber anderen Mannschaften ein Spiel Vorteil, weil wir wissen, wie es ist, ohne Zuschauer zu spielen. Generell ist es unabdingbar, in dieser Situation ohne Zuschauer zu spielen. Wenn gesundheitlich alles passt wäre es super, wenn wir wieder spielen könnten. Ich glaube auch, dass es der Gesellschaft ein bisschen was gibt. Viele Fans würden sich mittlerweile sicherlich freuen, wenn sie zumindest wieder Fußball im Fernsehen sehen könnten.
Fohlen-Hautnah: Das Fanprojekt Mönchengladbach hat die Aktion „Sei dabei. Trotzdem!“ ins Leben gerufen. Wie ist das bei der Mannschaft und euch als Staff angekommen?
Eugen Polanski: Sehr gut. Die Nordkurve füllt sich so langsam, das sieht einfach klasse aus. Es ist eine besondere und tolle Idee, die vor allem auch dem Fanprojekt und seinen Mitarbeitern hilft. Zudem gibt es dem Stadion was. Es hat Symbolcharakter, dass die Fans trotzdem irgendwie da sind. Es ist eine tolle Idee und sieht einfach super aus. Ich hoffe, dass es noch deutlich voller wird. Dann macht das echt was her und dann glaube ich, haben wir eine Riese Idee für die ganze Bundesliga gehabt.
Fohlen-Hautnah: Borussia steht nach 25 Spieltagen aktuell auf Platz 4. Was glaubst Du, ist für uns möglich, sollte die Saison zu Ende gespielt werden?
Eugen Polanski: Ich glaube, wir haben in der Saison gezeigt, dass mit uns auf den ersten vier Plätzen zu rechnen ist. Und ich glaube, dass mittlerweile jeder Respekt davor hat, wie wir Fußball spielen. Wir setzen das gut um und haben sicherlich auch das nötige Spielglück dazu. Aber das erarbeiten wir uns. Es macht einfach Spaß, Fußball zu spielen. Vor allem dann, wenn man erfolgreich ist. Die Art und Weise, wie wir Fußall spielen, gefällt glaube ich auch den Fans. Wir wollen grundsätzlich jedes Spiel gewinnen. Dann müssen wir schauen, wo wir am Ende stehen. Jetzt stehen wir auf dem Platz, auf dem wir stehen. Und da wollen wir auch mindestens bleiben.
Fohlen-Hautnah: Welche Ziele hast Du dir abschließend für deine Zukunft gesetzt?
Eugen Polanski: Ich merke, dass es in mir brennt, Trainer zu sein. Insgesamt bin ich als Mensch etwas ungeduldig. Gerade jetzt muss ich mir aber Geduld aneignen, weil ich merke, dass ich noch sehr viel lernen muss. Das versuche ich tagtäglich und versuche meine Aufgabe bei Borussia wie eine Art Ausbildung zu sehen. Stand jetzt ist es mein Ziel, irgendwann einmal eine Mannschaft zu führen. Aber es kommt, wie es kommt. Aktuell will ich das Vertrauen, das mir von Borussia mit meiner Position gegeben wurde, zurückzuzahlen.