Manu Koné ist bei Borussia gut angekommen. Foto: Dirk Päffgen.
Seit letzten Sommer schnürt Manu Koné nun seine Schuhe für Borussia Mönchengladbach. Bereits im Januar 2021 hatten die Borussen den jungen Franzosen vom FC Toulouse verpflichtet, ihn aber noch die Spielzeit in der Ligue 2 zu Ende spielen lassen. Im Interviewe mit unserer Redaktion spricht sein ehemaliger Trainer und Förderer in Toulouse, Patrice Garande (aktuell Trainer bei FCO Dijon), über seinen ehemaligen Schützling.
Fohlen-Hautnah: Herr Garande, zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Magazin nehmen. Kommen wir zu Manu. Unter ihnen hat er wohl den endgültigen Durchbruch im Profi-Fußball geschafft. Unter Ihrer Regie hat er 42 Spiele absolviert. Was für einen Spieler haben sie vorgefunden beziehungsweise wahrgenommen, als sie ihn in der Spielzeit 2020/2021 übernommen haben?
Patrice Garande: Er war ein sehr junger Spieler. Aber als ich nach Toulouse gekommen bin habe ich gesehen, dass er enormes Potenzial hat. Ich habe sofort erkannt, dass er das Potenzial eines Spielers auf sehr hohem Niveau hat. Sei es technisch, körperlich oder sportlich. Er macht Dinge auf dem Platz, die die anderen nicht machen mit der Fähigkeit, die Linien am Ball zu durchbrechen. Wenn er will, kann er den Ball auch durch aggressives Pressing zurückerobern. Für mich ist er ein kompletter Spieler. Er hatte aber ein Problem mit der Wahrnehmung dessen, was er auf dem Platz zu tun hatte. Manu spielt gerne. Er liebt und hat Spaß am Fußball. Manchmal war er auf dem Platz aber zu verspielt. Aber wenn er effektiv ist, ist er ein Spieler auf sehr hohem Niveau.
Fohlen-Hautnah: Er dürfte bei Ihnen und in der damaligen Mannschaft ja auch einen hohen Stellenwert gehabt haben, wenn Sie ihn sogar als Kapitän bestimmt haben… Zeichnen ihn also auch Führungsqualitäten und Verantwortung in seinen jungen Jahren aus?
Patrice Garande: Er hat durch seine Qualitäten und sein Spiel eine Führungsrolle übernommen und er kann in der Mannschaft eine treibende Kraft sein. Ich habe gesehen, dass er auf dem Platz eine große und kommunikative Persönlichkeit ist. Aber in der Umkleidekabine ist er kein Lautsprecher. Er ist niemand, der viel redet, aber auf der anderen Seite hat er viel persönlichen Ehrgeiz. Ich finde, dass er eine gute Persönlichkeit hat. Auf jeden Fall hat er die richtige Persönlichkeit. Vor allem durch das, was er auf dem Platz zeigt.
Fohlen-Hautnah: Sie kennen Manu also nur allzu gut. Woran kann er denn noch arbeiten und was zeichnet ihn auf der anderen Seite aus?
Patrice Garande: Er muss an seiner Leistungsfähigkeit arbeiten. Er muss mehr Tore schießen, weil er diese Fähigkeit hat, Gegenspieler auszuschalten und nach vorne durchzubrechen. Bei Borussia spielt er in einer Mannschaft, bei er die Gelegenheit dazu hat. Er muss aber auch noch effektiver werden. Wenn er dribbelt, liegt das daran, dass er einen Spieler ausschalten wird und dass dann etwas passieren wird. Wenn wir etwas pingelig sein wollen, dann muss er noch an seinem Kopfballspiel arbeiten. Für mich hat er aber alles. Als ich Manu in Toulouse hatte, hat er aus Freude am Spiel gespielt. Aus meiner Sicht muss die Freude am Spiel, die er hat, am Siegen und in den Leistungen, die er erbringt, bestehen. Das muss er nutzen. Er hat wirklich alle Qualitäten dafür. Wenn ich ein Beispiel nehme. Im Play-off-Rückspiel gegen Nantes war er phänomenal.
Fohlen-Hautnah: Sie haben sicherlich auch schon einige junge Spieler trainiert. In welche Kategorie fällt da Manu Koné?
Patrice Garande: Er ist am stärksten. Ich kann zum Beispiel einen Vergleich mit N’Golo Kanté (FC Chelsea London, Anm. d. Red.) ziehen, der mit mir in Caen angefangen hat. Vom Potenzial her hat Manu das Zeug dazu, dieses sehr hohe Niveau zu erreichen. Ich habe schon Spieler trainiert, die reif und stark waren, als ich sie bekommen habe. Aber Mau ist am stärksten und er hat ehrlich gesagt das Zeug dazu, auf einem ganz hohen Niveau zu spielen.
Fohlen-Hautnah: Was ist Manu denn außerhalb des Platzes für ein Mensch?
Patrice Garande: Er ist sehr liebenswert. Ich hatte bei ihm sofort ein gutes Gefühl. Er war ein Typ, mit dem ich gerne gesprochen habe. Er ist ein wenig zurückgezogen, also musst du ihn abholen. Aber sobald er dir vertraut, gibt er dir viel. Er ist ein Junge, mit dem man leicht umgehen kann. Manchmal wird er ein wenig schmollen, er hat seinen eigenen Charakter, aber er hört zu. Was ich an ihm mag ist, dass er sicherlich viel Ehrgeiz hat, aber im Alltag ist er nahbar, sanft, höflich und nett. Wenn er auf dem Feld steht, ist er ein anderer. Dann ist er sehr fokussiert und gibt alles für das Team.
Fohlen-Hautnah: Was haben Sie gedacht, als für Manu das Angebot von Borussia gekommen ist und haben Sie darüber mit ihm gesprochen?
Patrice Garande: In seiner Zeit in Toulouse hat er bereits in Deutschland unterschrieben. Wir haben darüber gesprochen. Auch nach seiner Unterschrift hat er sich tadellos verhalten. Er hätte sagen können: „Ich habe meinen Vertrag in Deutschland, die Saison ist mir egal.“ Aber nein, er hat sich tadellos verhalten. Er hatte eine fantastische Einstellung. Ich kann die Beziehung zu ihm nur loben.
Fohlen-Hautnah: Wie wichtig war es vielleicht auch für ihn und für Sie, dass er noch ein halbes Jahr in Toulouse gespielt hat?
Patrice Garande: Für mich wäre es zu früh gewesen, ihn bereits im Januar gehen zu lassen. Die letzten sechs Monate in Toulouse habe ihm gutgetan. Sie haben ihm noch Spielpraxis und viel Erfahrung mit auf den Weg gegeben. Das ist bei einem jungen Spieler nicht normal. Für mich war es wichtig, ihn als Spieler zu haben, weil er das Spiel der Mannschaft verändert hat. Er hatte Zeit, den Transfer und alles, was um ihn herum passierte, zu verarbeiten. Die Zeit in Toulouse gab ihm die Möglichkeit, sich auf seine neue Aufgabe vorzubereiten, während er in einem ehrgeizigen Team blieb, das oben mitspielte. Und Manu konnte jedes Wochenende Spiele auf einem guten Niveau bestreiten.
Fohlen-Hautnah: Was glauben Sie, wie schwer war es für ihn, in so jungen Jahren erstmals seine Heimat und Familie zu verlassen?
Patrice Garande: Es ist sicherlich nicht einfach, aber das bringt dich weiter. Es ist schön etwas anderes, wenn man sich in einem Umfeld, in einem „Kokon“ befindet, wo man jeden kennt, wo man bekannt und anerkannt ist und man plötzlich woanders hingeht. Man spricht die Sprache nicht, die Kultur ist anders. Auch der Fußball ist ein anderer, aber der Fußball ist wie für Mann gemacht. Und ich denke auch, dass er eine Familie hat, die ihm hilft und ihm beisteht.
Fohlen-Hautnah: Glauben Sie, Borussia und die Bundesliga ist die richtige Wahl für ihn?
Patrice Garande: Es war die richtige Entscheidung. Alles war und ist gut, was er bisher getan hat. Die Entscheidung, nach Deutschland und zu diesem Verein zu gehen, war gut. Es war auch die richtige Entscheidung, zunächst in Toulouse zu bleiben. Sein Verhalten gegenüber Toulouse war einwandfrei, auch nach dem er bei Borussia unterschrieben hatte. Ich vergleiche seine Karriere mit einem Spieler, den ich in Caen hatte und der dann nach Lorient und dann nach Dortmund gegangen ist: Raphaël Guerreiro. Die Deutsche Meisterschaft ist für solche Spieler ein tolles Sprungbrett. Raphaël Guerreiro verließ Caen wie Manu sehr früh. Dann muss man ein Gleichgewicht finden. Aber ich denke, jetzt hat sich Manu gut angepasst. Ich denke, es ist auch ein Verein, der weiß, wie man mit jungen Spielern umgeht.
Fohlen-Hautnah: Verfolgen Sie seinen Weg bei Borussia und haben Sie noch Kontakt zu ihm?
Patrice Garande: Seit seinem Wechsel zur Borussia hatten wir keinen Kontakt mehr. Aber es wäre schön, mal wieder mit ihm zu telefonieren. Ich verfolge aber noch, was er in Deutschland so macht. In der vergangenen Saison gab es zwei Kultspieler: Ihn und Amine Adli, der ebenfalls in der Bundesliga bei Bayer Leverkusen spielt. Das sind zwei Spieler, die oben sind. Ich zweifle keinen Augenblick an ihrem Erfolg, weil sie an sich selbst glauben. Diese beiden Jungs sind Workaholics. Wir haben über das Potenzial und das Talent gesprochen, das Manu hat, aber im Training ist er jemand, der viel arbeitet.
Fohlen-Hautnah: Manu hat in seinen bisherigen Einsätzen für die Borussia schon mehr als gute Duftmarken hinterlassen und schon zwei Tore erzielt. Womöglich wundert sie das in positiver Hinsicht nicht und wie beurteilen Sie die Entwicklung von Manu? Der Sprung von der 2. Liga Frankreichs in die Bundesliga war nun nicht gerade klein.
Patrice Garande: Ich habe bereits den Vergleich mit N’Golo Kanté gezogen. N’Golo Kanté war der beste Spieler in der Ligue 2, als wir in der Ligue 2 spielten. Wir sind in die Ligue 1 aufgestiegen und N’Golo hat sich sofort ohne Probleme in der Ligue 1 adaptiert. Dann ging er nach Leicester und passte sich auch in England sehr gut an. Anschließend wurde er international erfolgreich. Das sind Spieler, die Potenzial haben und sich anpassen. Für mich ist das Niveau nicht zu hoch. Ich denke, Manu wird das guttun und er hat das Zeug, auf diesen Niveau zu spielen. Das zeigt er schon bei Borussia. Irgendwann wird er in eine andere Liga gehen und weiter aufsteigen. Das sind die Spieler, die ein unglaubliches Potenzial haben. Danach müssen sie nur noch mental wissen, was sie wollen. Von dem Moment an, in dem sie das entschieden haben, gehen sie mit unglaublicher Leichtigkeit dorthin. Ich habe keine Angst um Manu. Ich finde, dass die Bundesliga, in der Manu gerade spielt, eine Meisterschaft ist, die für ihn gemacht ist.
Fohlen-Hautnah: Trauen Sie Manu zu, eines Tages für die Équipe Tricolore zu spielen?
Patrice Garande: Wenn Manu so weitermacht, dann glaube ich, dass er ein Thema für die Nationalmannschaft werden kann und auch wird. Aber dazu muss er dranbleiben und konstant gute Leistungen bringen.
Fohlen-Hautnah: Was wünschen Sie Manu abschließend für seine sportliche Zukunft?
Patrice Garande: Ich wünsche ihm alles Gute und dass er Jahr für Jahr sein Potenzial bestätigt. Ich wünsche ihm viel Erfolg und dass er selbst davon überzeugt ist, dass er das Potenzial dazu hat. Ich wünsche ihm natürlich auch eine internationale Karriere, denn es ist das Ziel aller Spieler, bei großen Wettbewerben mitzuspielen. Für mich hat er alles, was es braucht, um das Beste zu erreichen. Danach sollte er sich nicht mehr ändern. Ich habe es geliebt, mit ihm zu arbeiten. Was auch immer mit ihm passiert, er hat es verdient. Ich weiß, dass er es nicht oft sagt, aber er hat sehr viel Ehrgeiz. Und wenn er das Beste erreichen will, dann wird er alles dafür tun und wird es ohne Probleme schaffen.