Christian Straßburger ist nicht ‚nur’ Social Media-Manager von Borussia Mönchengladbach, sondern auch Audio-Redakteur. Und vor allem ist der 30-Jährige Kommentator von Borussias FohlenRadio, wo er Woche für Woche die Fans mit seiner lebhaften Berichterstattung des Spiels die Fans und Zuhörer „mit ins Stadion“ nimmt. Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht ‚Strassi‘ unter anderem über sein erstes Geister-Spiel, seine Aufgaben bei Borussia, seine Arbeit als Social Media-Manager, seine Zusammenarbeit mit ‚Knippi‘ und vor allem über „sein“ FohlenRadio.
Fohlen-Hautnah: Chriatian, Du hast Dich in die Geschichtsbücher eingetragen, in dem du das erste Geister-Spiel der Bundesliga kommentiert hast. Wie war das für dich? Hast du da deinen Torjubel etwas gedämpft, oder wie immer einfach rausgelassen…
Christian Straßburger: Das ist eine schwierige Frage. Egal, wo ich kommentiere – generell will ich immer die Atmosphäre drumherum auf meinen Ohren spüren, will jegliche Gefühle um mich herum mit den Augen sehen und mit dem Herz fühlen. Ich will einfach mittendrin sein. Wenn das Stadion leer ist, kommentiere ich natürlich auch anders. Wer das nicht macht, kann meiner Meinung nach nicht authentisch sein. Denn man kommentiert ja keinen Stiefel runter, den man sich ausgedacht hat, sondern man bereitet sich ja nur über Statistiken, das Geschichtliche zum Spiel und so weiter vor. Sobald das Spiel losgeht, bin ich Teil der 90 Minuten. Vor allem bin ich emotional. Das Derby gegen war Köln war alternativlos. Wir wissen ja, dass in Zukunft so etwas wiedermal auf uns zukommen könnte. Das halte ich dann auch für notwendig. Christian Seifert, Geschäftsführer der DFL, hat es gesagt, wie wichtig solche Spiele gerade für die Existenz der Profi-Klubs sind. Ich verstehe das und stehe dann auch absolut dahinter. Umso mehr versuche ich als Kommentator, das Spiel, unseren Verein und die Zuschauer reinzuholen. Das ist meine Aufgabe und der stelle ich mich. Ich würde mich freuen, wenn wir bald sagen können, ja es ist alles zumindest soweit in Ordnung, dass gespielt werden kann. Dann sehe ich es als meine Pflicht an und würde mich unheimlich freuen, wenn ich den Fans zuhause durch meine Spielbegleitung das Gefühl geben kann, dass bald wieder Normalität herrscht.
Fohlen-Hautnah: Wie gestaltet sich denn generell Dein Arbeitsalltag bei Borussia?
Christian Straßburger: Ich bin Social Media-Manager von Borussia Mönchengladbach und Audio-Redakteur. Zu dem stehe ich zusammen mit Knippi (Torsten Knippertz, Anm. d. Red) in verschiedenen Formaten vor der Kamera. Dann mache ich den FohlenPodcast. Ich arbeite jeden Tag mit hervorragenden Menschen zusammen. Wir kümmern uns gemeinsam um die Kommunikation von Borussia. Alles bei Borussia ist Teamarbeit, von oben bis unten. Anders würde es auch gar nicht gehen. Ich könnte niemals mein Bestes geben, wenn ich nicht die Kollegen im Rücken hätte. Das ist einfach nicht möglich. Was Fakt ist, es gibt nahezu keinen Alltag. Kein Tag ist wie jeder andere. Es gibt immer wieder neue Dinge und Aufgaben, über die man vielleicht am Tag zuvor noch nicht nachgedacht hat.
Fohlen-Hautnah: Du bist mittlerweile seit über drei Jahren bei Borussia. Kann man davon sprechen, dass du bei Borussia einen Traumjob hast?
Christian Straßburger: Natürlich ist das ein Traumjob. Ich war und bin Fan von Borussia Mönchengladbach und werde es auch immer sein. Wenn man für seinen Verein arbeitet, dann hat man irgendwann auch einen anderen Blick auf diesen Verein, weil man über alles informiert ist, bei fast allen Einscheidungen und Spielen dabei ist. Jeden Tag Borussia ist wie eine Beziehung. Am Anfang ist alles wunderschön und rosarot. Mit der Zeit muss man sich dann auch mal arrangieren, sich aufeinander einlassen und Kompromisse machen. Aber wenn die Liebe stark genug ist, dann kommt dabei vielleicht so etwas heraus, dass man 60 Jahre verheiratet ist. Wenn man so will, bin ich jetzt 18 Jahre mit Borussia verheiratet. In den letzten drei Jahren wohnen wir auch zusammen. Ich kann mir vorstellen, dass wir das auch noch lange tun werden. Sollten wir uns mal räumlich trennen, dann werde ich Borussia auch weiterhin aus tiefstem Herzen lieben.
Fohlen-Hautnah: Weißt du, wie viele Spiele du bereits kommentiert hast?
Christian Straßburger: Ich bin mit dem Spiel in Leverkusen gestartet. Der 3:2-Sieg nach 0:2-Rückstand war natürlich ein tolles Debüt. Passend war Oliver Neuville mein erster Co-Kommentator. Seitdem habe ich bis auf ein Spiel keines verpasst. Also bis dato dürften es mit den ganzen Testspielen 150 Spiele in den letzten drei Jahren gewesen sein.
Fohlen-Hautnah: Wer denn dein bisher interessantester Co-Kommentator?
Christian Straßburger: Das ist eine ganz schwierige Frage. Jeder meiner bisherigen Co-Kommentatoren war überragend. Wenn ich daran denke, dass ich es geschafft habe, den Weltklasse Skispringer Martin Schmitt in Freiburg an meine Seite zu holen. Fritz von Thurn und Taxis war an meiner Seite, Dunja Hayali, Herbert Laumen, Rolf Fuhrmann, Serdar Somuncu, Arie van Lent, um nur einige zu nennen. Nicht zu vergessen ist vor allem auch Dieter Kürten. Es ist ein einfach ein wunderbarer Mensch. Ich weiß noch, wie wir damals in Mainz waren. Während der Übertragung habe ich ihm dann erzählt, dass ich in der kommenden Woche Geburtstag habe. Dann kam tatsächlich an meinem Geburtstag eine SMS von Dieter Kürten, in der er mir gratuliert hat. Wenn ich daran denke, habe ich heute noch Gänsehaut. Punktum: Es waren einfach alles tolle Menschen an meiner Seite. Darauf bin ich stolz.
Fohlen-Hautnah: Du hast immer viele Co-Kommentatoren – Wie suchst Du diese aus?
Christian Straßburger: Das passiert oftmals spontan. Elmar Kreuels ist bei Borussia ja auch für die ehemaligen Spieler zuständig. Er hilft mir dann auch oft. Dann rufe ich sie an und versuche sie davon zu überzeugen, beim FohlenRadio dabei zu sein. Bis auf Hannelore Kraft, die aus verständlichen Gründen nicht mehr in der Öffentlichkeit auftreten möchte und mir das auch persönlich mitgeteilt hat, hat das bisher ganz gut geklappt. Irgendwann gelingt es mir aber, noch zwei Dinge zu schaffen. Mein absoluter Lieblings-Fußballer aller Zeiten weg von Borussia ist Michael Ballack. Ich habe schon Emails mit ihm geschrieben und Oliver Neuville beauftragt. Irgendwann werde ich im FohlenRadio ein Spiel mit ihm kommentieren. Vorher höre ich auch nicht auf (lacht). Und ich möchte irgendwann ein Spiel mit Harald Schmidt kommentieren. Da gebe ich auch nicht auf. Weg vom Fußball ist er ein Vorbild für mich, was den Auftritt vor der Kamera angeht. In diesem Genre ist er ein absolutes Vorbild für mich. So wie auch Stefan Raab. Aber das geht nicht, weil er eben Kölner ist (lacht).
Fohlen-Hautnah: Welches Spiel/Ereignis würdest du gerne mal kommentieren?
Christian Straßburger: Ich würde mit und für Borussia gerne mal das Pokalfinale in Berlin kommentieren. Dann würde ich gerne Champions League an der Anfield Road in Liverpool mit Borussia erleben. Aber insgesamt würde ich gerne als Kommentator mal eine Weltmeisterschaft kommentieren. Mein Ziel ist die WM 2026. Die findet in den USA, Kanada und Mexiko statt. Das würde ich gerne erleben und dabei sein. Genauso würde ich irgendwann mal ein WM-Finale mit deutscher Beteiligung kommentieren. Mein eigentliches Ziel ist aber irgendwann einmal die Bundesliga für einen Streaming-Dienst oder eine Fernseh-Anstalt zu kommentieren. Am liebsten für Magenta-Sport, das abseits von Borussia meine Heimat ist, wo ich mich wohl fühle und die mich unglaublich unterstützen.
Fohlen-Hautnah: Marco Rose und sein Team bereiten sich akribisch auf ein Spiel vor, sichten Videomaterial etc. Wie gehst du das an?
Christian Straßburger: Dazu nehme ich mir immer einen Tag im Büro und bereite mich an diesem Tag ausschließlich auf das kommende Spiel vor. Dazu bekomme ich eine Mappe mit rund 60 Seiten, die ich mir alle durchlese. Dazu mache ich mir dann Notizen und schaue mir einzelne Spieler an und lese Berichte. Eine solche Vorbereitung muss natürlich gemacht werden. Aber am langen Ende möchte ich nicht irgendein Informationsautomat mit Statistik sein und das war dann mein Job. Ich möchte das Spiel erleben, möchte die Erlebnisse mit den Zuhörern teilen und ihnen das Gefühl geben, dass sie dabei gewesen sind bei einem hoffentlich geschichtsträchtigen Spiel. Denn so gehe ich auch in jedes Spiel.
Fohlen-Hautnah: Wie wählt ihr die Themen für die FohlenStories aus?
Christian Straßburger: Die FohlenStories sind eine Idee vom Björn Kames aus dem Online-Team bei Borussia und mir. Mittlerweile sind es fast 100 Ausgaben. Wir schauen, was rund um Borussia passiert ist, was passieren kann und wird. Dann gibt es Gewinnspiele, die Fans können interaktiv mitmachen. Dann setzen wir uns zusammen, nehmen uns unser Handy und ein Mikrofon und machen die FohlenStories. So einfach ist das.
Fohlen-Hautnah: Du kommentierst noch bei Magenta Sport: Inwiefern kannst Du das mit Borussia vereinbaren, musst Du das absprechen?
Christian Straßburger: Als die Anfrage vor etwa drei Jahren kam, habe ich das mit Markus Aretz und Stephan Schippers besprochen. Beide haben mir keine Steine in den Weg gelegt – so wie sie das bei solchen Anfragen auch selten tun. Die Termine stimme ich natürlich mit den Kollegen bei Borussia ab, aber das war bis jetzt nie ein Problem. Es lässt sich nicht vermeiden, dass es so auch mal 7-Tage-Wochen gibt. Unter der Woche und am Wochenende im Einsatz für Borussia und dann noch am Sonntag und/oder Montag Magenta-Sport. Das ist anstrengend, ja. Aber ich habe ja bereits gesagt, was meine Ziele sind. Und da wartet keiner auf Christian Straßburger. Da musst du arbeiten.
Fohlen-Hautnah: Bei RWO hast du ja einen YouTube-Kanal initiiert – Glaubst Du, dass das heutzutage noch mal mit so einfachen Mitteln funktionieren würde? Oder ist das schon alles zu professionell geworden, auch in den unteren Ligen.
Christian Straßburger: Als wir damals bei RWO angefangen haben, gab es nichts. Dann habe ich mit einem meiner besten Freunde das Spiel RWO gegen Aachen im Niederrheinstadion besucht. Das war einfach Old School. Während meines Studiums habe ich RWO dann mal angeschrieben. Es kam schnell eine Antwort. Wir haben uns dann getroffen und waren uns schnell einig. Dann haben wir einfach Dinge ausprobiert. Wir haben einen YouTube-Kanal installiert und mit einfachen Mitteln Dinge ausprobiert. Das kam an. Auf keinen Fall ist das zu professionell geworden. Denn es geht nicht um teures Material, teure Geschichten und teure Kamera. Es geht einzig und alleine um Initiative, Willen, Herzblut und um Seele, die man da reinbringt. Wenn das alles vorhanden ist, da kann das Material noch so schlecht sein, dann wird das Produkt gut. Wenn du mit einer wunderbaren Kamera schlecht filmst, dann bleibt es schlecht. Aber mit einer weniger guten Kamera kannst du Gold auch nach außen als Gold scheinen lassen. Wir haben es probiert und gemacht und es ist gut angekommen. Ohne Rot-Weiß Oberhausen wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Und das werde ich auch niemals vergessen. Deswegen werde ich den Verein und die Menschen, die mir die Möglichkeit gegeben haben, nie vergessen.
Fohlen-Hautnah: Du bist am Mikrofron immer sehr emotional: Musst Du dich dafür verstellen, oder bist Du einfach so? Und wie gibst Du dich privat?