Roland Virkus: Manni kenne ich schon sehr lange. Er hatte die jetzige Aufgabe schon seit längerer Zeit inne, da aber noch in Doppelfunktion. Jetzt kümmert er sich hauptamtlich um die Top-Talente und im Speziellen um die Entwicklung der Spieler und um deren Stärken- und Schwächenprofil. Die Zusammenarbeit läuft reibungslos. Aber das war vorher auch schon so. Deswegen hat sich da von der Arbeit her eigentlich nichts geändert. Er schaut jetzt genauer auf die Jungs und hat mehr Zeit für seine Aufgaben.
Fohlen-Hautnah: Was sind die entscheidenden Kriterien beim Aussuchen von Talenten und in wie weit haben sich die Anforderungen an junge Spieler im Gegensatz zu früher geändert?
Roland Virkus: Inzwischen ist es so, dass in Deutschland fußballerisch auf sehr hohem Niveau ausgebildet wird. Fußballerisch heißt vor allem im technischen Bereich. Dazu darf man nicht vergessen, dass Athletik eine immer eine größere Rolle spielt. Und ganz wichtig geworden ist die Mentalität. Die schlägt in der Regel auch schon mal die fußballerische Qualität. Mentalität ist heutzutage ein sehr wichtiger Aspekt, um als Talent durchbrechen zu können. Da müssen wir genau hinschauen. Das wird immer schwieriger, aber da sind wir gut aufgestellt. Wenn bei Borussia schaut, dann haben wir sehr viele Jungs zu den Profis gebracht, die alle „sauber“ sind. Marcell Jansen, Marc-André ter Stegen, Patrick Herrmann, Julian Korb, Tony Jantschke und Mo Dahoud sind da nur einige Beispiele.
Fohlen-Hautnah: Wie läuft so ein Vorgang ab, ehe man versucht, den Spieler unter Vertrag zu nehmen?
Roland Virkus: Da gibt es verschiedene Wege. Auch der Trainer sieht Spieler, die dann von unserer Scoutingabteilung noch einmal gescreent werden oder auch umgekehrt. Die Scoutingabteilung sieht einen interessanten Spieler, den sich dann der Trainer nochmal anschaut. Denn der Trainer ist für die Entwicklung eines Spielers sehr wichtig. Dann läuft es relativ einfach ab. Der Verantwortliche für den jeweiligen Bereich schaut sich den Spieler dann auch noch mal an. Dann gibt es eine relativ schnelle Entscheidung.
Fohlen-Hautnah: Es ist bekannt, dass man Spieler teilweise schon drei, vier Jahre im Visier hat. Wie schafft man es da am besten, den richtigen Zeitpunkt auszumachen, einen 16-, 17-, oder 18-jährigen zu holen?
Roland Virkus: Es ist heutzutage äußerst schwierig, weil man enorm unter Druck steht, relativ schnell eine Entscheidung zu treffen. Denn wenn man einen Spieler nicht schon früh holt kann es sein, dass sich ein anderer Klub schneller entscheidet und ihn dir wegschnappt. Dann ist der Spieler vom Markt, und man wird ihn nicht mehr nach Mönchengladbach holen können. Deswegen ist Schnelligkeit gefordert. Man kann also nicht sagen, dass es den richtigen Zeitpunkt gibt. Sondern man muss von einem Spieler überzeugt sein. Dann ist es egal, wann man ihn holt. Heutzutage werden Entscheidungen früher getroffen. Zu Beginn meiner Amtszeit hat es in der Regel noch gereicht, wenn du in der U16 oder U17 eine Entscheidung getroffen hast. Heutzutage ist es teilweise schon so, dass der Spieler weg ist, wenn du in der U14 keine Entscheidung getroffen hast. Deswegen steht man auch ein bisschen unter Druck, was ein Problem ist. Warum? Weil die Talentprognose im U14-Bereich wage ist. Je weiter du nach oben schaust, desto klarer wird sie.
Fohlen-Hautnah: Sitzt man dann bei so einem Spiel wie das vom FC Schalke 04 in der Europa League gegen Ajax Amsterdam mit einem lachenden und einem weinenden Auge vor dem Fernseher, wenn man Amin Younes sieht oder ist er gar das perfekte Beispiel dafür, dass Spieler oft eine Luftveränderung brauchen, um durchzustarten?
Roland Virkus: Erstmal freut man sich darüber, dass man einen guten Jungen für Europa ausgebildet hat. Amin hat in Amsterdam eine sehr gute Entwicklung genommen. Für ihn war es eine gute Entscheidung, sich für den holländischen Fußball zu entscheiden, weil ich glaube, dass er zur Spielweise von Ajax gut passt. Natürlich freut man sich, dass er sich auf dem Niveau gut entwickelt hat. Ob es dann für die Bundesliga reicht, weiß man nicht und kann man nicht sagen. Aber zumindest in diesem Spiel hat er gut gespielt. Und wir freuen uns, dass er bei uns groß geworden ist.
Fohlen-Hautnah: Bei Borussia steht primär die Durchlässigkeit bis hin zu den Profis im Vordergrund. Was fehlt aber noch, damit es im Jugendbereich mal wieder einen Titel zu feiern gibt?