Der 28.01.2022 wird bei Borussia Mönchengladbach definitiv in die Geschichtsbücher eingehen. Es war ein trauriger Tag für den Klub, die Fans und das Umfeld. Nach 23 Jahren in verschiedenen Positionen verkündete Max Eberl auf einer unter die Haut gehenden Pressekonferenz seinen Abschied, von der Borussia und dem Profi-Fußball generell – zumindest vorerst. Wir blicken zurück und verneigen uns vor dem Menschen Max Eberl.
Puh. Diese Pressekonferenz musste man erstmal ‚sacken‘ lassen. Als mit den Borussen verbundener Beobachter und Fan musste man sich nicht dafür schämen, dass man beim Verfolgen der PK Gänsehaut hatte und mitfühlte. Nach 23 Jahren als Spieler, Jugend- und Sportdirektor verlässt Max Eberl Borussia Mönchengladbach auf eigenen Wunsch. Knapp 14 Jahre führte der 48-Jährige die Geschicke im Profibereich. Schon am Donnerstagabend machte die Meldung in den Medien die Runde, am Freitagmittag herrschte dann endgültig Gewissheit. Spekulierten die Medien am Donnerstag sogar noch darüber, ob Eberl nicht in Kürze bei einem neuen Verein anheuert, wurden alle einige Stunden später eines besseren belehrt.
Was wir gesehen haben, war ein gestandener Mann, der sich einfach aus diesem ‚Hamsterrad Fußball‘ befreien möchte. Und das ist sein gutes Recht. Eberl gebührt der allergrößte Respekt, sein Gefühlsleben mit der kompletten Öffentlichkeit zu teilen und sich vor die Kameras zu stellen. Er hätte auch einfach eine Pressemitteilung von den Fohlen schreiben lassen können, aber das kommt Eberl nicht gleich. Borussias (ehemaliger) Sportdirektor war schon immer ein Mann der klaren Worte und stand zu seinen Handlungen. Er ist immer Mensch geblieben und hat den Fußball und seine oftmals vorgespielte heile Welt mit anderen Augen gesehen.
Max Eberl war knapp 14 Jahre eine konstante im Verein, so wie sie vermutlich nur die älteren Borussia-Fans kannten. Auch für Mitglieder unserer Redaktion war Eberl so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt der jüngeren Vereinsgeschichte. Der gebürtige Bayer war es, der durch kluge Transfers und sportliche Erfolge den Mythos Borussia wieder spürbar machte. Erst durch die Verpflichtung von Lucien Favre ebnete Eberl den späteren Weg in die Champions League. Ein Wettbewerb, den wir eigentlich nur aus dem Fernsehen kannten oder in dem wir maximal mit der Fohlenelf auf der PlayStation gespielt haben.
Eberl hatte Ausstrahlung und war ein Meister seines Faches, beliebt über die Grenzen des linken Niederrheins hinaus. Borussia war ‚sein‘ Baby und er hat sich für seinen Job so sehr aufgeopfert wie für ein Kind, wie er am Freitagmittag selber sagte. Nun muss der Verein ohne eine Legende auskommen. Ja, Legende ist sicherlich hoch gegriffen, aber der 48-Jährige hat eine Ära geprägt. Sicherlich waren nicht all seine Entscheidungen glücklich, beispielsweise das zu lange Festhalten an Marco Rose. Dazu der dringend nötige Umbruch/frische Wind und auf Ballbesitz ausgerichtete im Kader und die verpassen Vertragsverlängerungen. Allerdings ist dabei natürlich auch zu bedenken, dass die Corona.Krise den Klub heftiger getroffen hat, als mancher Fan glauben mag.
Dennoch überwiegen deutlich die Erfolgsmomente, die wir von Max Eberl in bester Erinnerung behalten. Unter seiner Führung holten die Fohlen im Schnitt 52 Punkte pro Saison, zuvor waren es lediglich 39. Seit der Spielzeit 2009/2010 erreichten die Borussen im Schnitt Platz 7, sechsmal standen sie am Ende unter den Top-6 der Liga. Der größte Erfolg war sicherlich das Erreichen des Achtelfinals der Champions League.
Dass er nun die ‚Abfahrt‘ wählen musste, ist mehr als verständlich und vor allem menschlich. Nur weil eine Person in der Öffentlichkeit steht, bedeutet das noch lange nicht, dass hinter dieser Person nicht auch ein Mensch steckt. Geld hin oder her. Das sollten sich einige Zeitgenossen sehr gerne mal zu Herzen nehmen. Der Fall Robert Enke sollte uns allen immer noch als mahnendes Beispiel prägnant sein. Zumindest setzt Max Eberl öffentlich ein Zeichen und machte ebenfalls erkrankten Menschen Mut, mit dieser Krankheit offener und ehrlicher umzugehen.
Eberl tat es bereits im Oktober. Dort hatte er die Verantwortlichen um Rolf Königs informiert. Dass er dennoch drei weitere Monate im Amt ‚ausgehalten‘ halt, ist aller Ehren wert und zeigt einmal mehr, wie sehr er sich für den Verein aufgeopfert hat. Bis jetzt, es geht einfach nicht mehr. Apropos Königs: Borussias Präsident, in allen Ehren, hat ein doch beschämendes Bild abgegeben. Der inzwischen 80-Jährige wirkte wie ein kleines, beleidigtes Kind, der die Entscheidung »respektiert, aber nicht akzeptiert«. Harter Tobak, wenn links neben ihm ein Mensch sitzt, der seine Krankheit gerade vor der versammelten (Medien-) Welt offenbart hat und mit den Tränen kämpfte.
Vielleicht hätte die ganze Führungsregie auch einfach mal früher die Signale wahrnehmen müssen und den scheidenden Sportdirektor nicht noch überzeugen wollen, auch noch bis zum Saisonende weiterzumachen. Das verriet zumindest Präsidiumsmitglied Rainer Bonhof. Wie die Verantwortlichen am Borussia-Park nun mit der Situation umgehen, wird spannend zu beobachten. Es bleibt zu hoffen, dass der Abschied von Eberl auch als Chance gesehen wird und ein Neuanfang gemacht wird. Verbunden mit all den Spekulationen und Meldungen rund um die Spieler müssen jetzt die richtigen Entscheidungen getroffen werden, um die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen. Sportlich müssen sich jetzt alle am Riemen reißen und alles dafür geben, dass man sich von unten entfernt und den Klassenerhalt sichert, um dann in der neuen Spielzeit mit frischem Wind neu anzugreifen.
Max Eberl kann das vorerst egal sein, denn seine Gesundheit steht an oberster Stelle. Ja, niemand ist größer als der Verein selbst, aber von diesem Verein ist am Freitag ein (großes) Stück gegangen! Man kann allerdings nur erahnen, wie erleichtert sich der 48-Jährige jetzt fühlen mag, von Eberl fällt womöglich eine riesige Last ab.
Wir danken Max Eberl für all das, was er mit seiner Leidenschaft und der Raute im Herzen für den Klub getan hat verneigen uns vor ihm und wünschen ihm einfach nur gute und schnelle Besserung und hoffen, dass er schnell wieder das Leben genießen kann und zu seinem Lachen zurückfindet. Und dann wird man ihn irgendwann einmal wieder bei dem sehen, was er auch so sehr liebt. Aber jetzt ist nicht die Zeit von oder für Borussia und den Fußball, jetzt ist die Zeit des Menschen Max Eberl. Alles Gute und Lott Jonn, Max!