
Seit nunmehr knapp einem Jahr spielt Xaver Schlager in der Bundesliga beim VfL Wolfsburg. Vor der Spielzeit war der österreichische Nationalspieler und Ex-Schützling von Marco Rose aus Salzburg in die Autostadt gewechselt. Vor dem Duell mit Borussia Mönchengladbach spricht der 22-Jährige im Interview mit unserer Redaktion unter anderem über seinen Ex-Coach Marco Rose, seinen ehemaligen Zimmerkollegen Stefan Lainer und das kommende Aufeinandertreffen.
Fohlen-Hautnah: Xaver, morgen treffen mit den Fohlen und den Wölfen zwei Teams aufeinander, die in der Rückrundentabelle nahezu gleichauf liegen. Während die Borussia die Königsklasse im Visier hat, wollt ihr in die Europa League. Wie bewertest Du die Ausgangslage und was erwartest Du für eine Partie?
Xaver Schlager: Die Ausgangslage ist ähnlich. Für beide Mannschaften geht es um viel, es ist ein wichtiges Spiel. Wie ihr gesagt habt: Borussia möchte noch in die Champions League, wir in die Europa League. Die Konkurrenz lauert, man darf sich keine Ausrutscher mehr erlauben. Drei Spieltage vor Schluss wird es ein richtungsweisendes Spiel. Mit einem positiven Ergebnis kann man den Schwung mit in die restlichen zwei Spiele nehmen und nochmal richtig Aufwind bekommen. Ich denke, es wird ein sehr intensives Spiel. Das war im Hinspiel auch schon der Fall. Es war ein Spiel mit viel Tempo, mit vielen Umschaltbewegungen und Balleroberungen. Ich denke, auch für die Zuschauer wird es ein interessantes Spiel.
Fohlen-Hautnah: Apropos Hinspiel. An das dürftest Du Dich gerne erinnern. Ihr habt 2:1 gewonnen, Du hast einen starken Auftritt mit Deinem ersten Bundesligator gekrönt…
Xaver Schlager: Das Hinspiel war für uns sehr gut, aber das ist lange her. Beide Mannschaften haben sich weiterentwickelt. Deswegen wird es interessant, wieder gegeneinander zu spielen. Dann werden wir sehen, wer diesmal der Bessere ist.
Fohlen-Hautnah: Auf was oder wen müsst ihr bei den Borussen am meisten aufpassen? Vor allem die Offensive kommt ja mit einer brutalen Qualität daher. Oder legt ihr den Fokus nicht zu sehr auf einzelne Spieler?
Xaver Schlager: Jeder von uns kennt die Stärken von Gladbach, vor allem in der Offensive. Dort kommen sie mit Alassane Pléa, Marcus Thuram und auch Breel Embolo, bei dem wir noch aus dem Hinspiel wissen, dass er sehr gut drauf war. Generell wissen wir, dass Gladbach eine sehr gute Mannschaft hat. Egal ob in der Defensive oder Offensive, sie haben überall gute Einzelspieler und funktionieren als Mannschaft sehr gut. Wir müssen eine Top-Leistung bringen und dagegenhalten, um etwas Zählbares mitnehmen zu können.
Fohlen-Hautnah: Generell tut ihr euch in dieser Spielzeit vor heimischen Publikum schwer, nach der Corona-Pause habt ihr Zuhause beide „Geister-Heimspiele“ verloren, auswärts hingegen alles gewonnen. Es dürfte unstrittig sein, dass die Zuschauer in den Stadien fehlen. Ist es aber damit zu erklären, dass ihr euch und nahezu alle Teams unter diesen Umständen Zuhause schwer tun?
Xaver Schlager: Bei uns sind die Heimspiele einfach unglücklich verlaufen. Wir haben gegen Dortmund gespielt, gegen sie kann man mal verlieren. Gegen Frankfurt waren wir eigentlich die bessere Mannschaft und haben unglücklich verloren. Ich würde jetzt nicht von einer Heimschwäche sprechen, aber es fällt natürlich auf, dass in der Bundesliga generell mehr Auswärtssiege eingefahren werden. Es ist einfach so, dass das Publikum schon sehr viel Einfluss auf das Spiel nehmen kann. Es geht um kleine und mitreißende Momente, in denen die Fans die Mannschaft mitreißen kann. Das kann sogar mal dazu führen, dass der Schiedsrichter seine Entscheidung anders fällt. Die Spiele sind alle auf hohem Niveau, da entscheiden oftmals Kleinigkeiten. Ich sehe aktuell keinen großen Vorteil, ob man ein Heim- oder Auswärtsspiel hat. Mir persönlich ist das egal, aber die Statistik lügt nicht: Der Trend geht ganz klar in Richtung Auswärtssiege.
Fohlen-Hautnah: Im Borussia-Park werden euch rund 20.000 „Pappkameraden“ begrüßen. Sie werden die Fans absolut nicht ersetzen. Aber kann dieser Anblick einen Spieler in dieser schwierigen Zeit zumindest etwas pushen und wie findest Du die Aktion generell?
Xaver Schlager: Es gibt viele Vereine, die Planen auf die Tribüne gelegt haben oder eben wie Gladbach diese Pappfiguren im Stadion haben. Ich finde das, um ehrlich zu sein, alles besser als leere Ränge, es füllt das Stadion zumindest etwas. Mit den Pappkameraden schaut das natürlich direkt besser aus. Ich finde die Idee richtig cool. Sowas kann man nur befürworten.
Fohlen-Hautnah: Ihr rangiert derzeit mit 46 Punkten auf Rang 6 und habt dabei 3 Punkte Vorsprung auf Platz 7, der für Qualifikation zur Europa League reichen wird. Es sieht also gut aus, dass ihr erneut international vertreten seid…
Xaver Schlager: Unser Ziel ist ganz klar Platz sechs, denn der bedeutet die Teilnahme an der Gruppenphase der Europa League. Diesen Platz wollen wir erreichen, darauf arbeiten wir hin.
Fohlen-Hautnah: Kommen wir mal zu Deiner Person. Du bist nun seit knapp einem Jahr in der Bundesliga und beim VfL Wolfsburg. Wie fällt Dein Fazit aus und ist alles so gekommen, wie Du es Dir erwünscht/erhofft hast?
Xaver Schlager: Ich bin eigentlich mit wenig Erwartungen hierher gekommen. Ich wollte alles auf mich zukommen lassen, alles aufsaugen und sehr viel lernen. Ich denke, das ist mir bis hierhin sehr gut gelungen, ich habe sehr viel gelernt. Klar, einige Dinge können immer besser laufen oder hätten schlechter laufen können. Im Großen und Ganzen verlief die bisherige Saison für mich persönlich sehr gut. Nach meiner Verletzung bin ich sehr schnell zurückgekommen. Für mich ist das Wichtigste, dass ich Spiele absolviere, das habe ich bisher geschafft. Auch die Saison von uns als Klub läuft sehr gut. Wir haben im zweiten Jahr in Folge die Chance, international dabei zu sein. Das hat vor ein paar Jahren noch ganz anders ausgesehen, als Wolfsburg zweimal in die Relegation musste. Wir haben in den letzten zwei Jahren viel Kontinuität in den Verein und die Mannschaft gebracht, das ist sehr wichtig. Darauf bauen wir auf und versuchen, immer besser zu werden.
Fohlen-Hautnah: Warum hast Du dich denn generell für einen Wechsel nach Deutschland und Wolfsburg entscheiden? Immerhin hättest Du mit Salzburg nahezu sicher stets in der Champions League gespielt.
Xaver Schlager: Sicherlich hätte ich in der Champions League spielen können, aber ich hatte das Gefühl, dass meine Zeit in Salzburg abgelaufen ist. Ich habe gemerkt, dass ich eine neue Herausforderung gebraucht habe. Die habe ich mit dem VfL Wolfsburg bekommen. Im ersten Moment war die Entscheidung vielleicht nicht für jeden nachvollziehbar, aber ich hatte ein gutes Gefühl bei Wolfsburg. Und das hat mich bisher nicht getäuscht. Nichtsdestotrotz bleibt es aber mein Ziel, irgendwann in der Champions League zu spielen.
Fohlen-Hautnah: Hast Du noch Kontakt zu Spielern und ehemaligen Kollegen in Salzburg und gibt es einen Spieler, dem Du als nächstes den Sprung zu einem europäischen Top-Klub zutraust? Salzburg war in der Vergangenheit immer ein Sprungbrett für Top-Talente.
Xaver Schlager: Zu Salzburg habe ich natürlich noch Kontakt. In der Corona-Pause war das natürlich etwas schwieriger, weil man ja niemanden besuchen durfte. Aber vorher war ich schon öfters dort und habe bei den alten Kollegen vorbeigeschaut. Salzburg hat eine sehr interessante Mannschaft mit vielen Talenten. Am Ende der Saison werden sicherlich wieder ein, zwei Spieler den Sprung ins Ausland schaffen. Ich kann mir auch vorstellen, dass ein paar Jungs nach Deutschland kommen und hier für Furore sorgen können. RB Salzburg hat ein sehr gutes Konzept. Man kann sich als junger Spieler auf einem sehr guten Level entwickeln. Deshalb kann man in Deutschland oder anderen Top-Ligen die Vereine sofort verstärken. Durch die ganzen Spiele nimmt man auch viel internationale Erfahrung mit.
Fohlen-Hautnah: Woran könnte es denn liegen, dass man sich in Salzburg so gut entwickeln kann? Ist dort der mediale Druck nicht so hoch wie vielleicht in Deutschland?
Xaver Schlager: Das würde ich so nicht sagen. In Salzburg herrscht der gleiche Druck wie hierzulande beispielsweise bei Bayern München. Man muss quasi immer Meister werden, sonst hat man eine schlechte Saison gespielt. Ich denke, insgesamt macht es aber die Mischung: Die Liga ist nicht ganz so stark, deshalb kann man als sehr junger Spieler schon früh mitspielen. Man lernt einfach am meisten, wenn man viele Spiele absolviert und gegen bessere Gegenspieler spielt. Deshalb kann man in Salzburg extrem früh in einem jungen Alter auf einem guten Niveau spielen. Außerdem ist Salzburg meistens für die Europa League oder die Champions League qualifiziert und hat dort sehr gute Konkurrenz. Man kann viel lernen und sich sehr gut weiterentwickeln. Das Modell in Deutschland würde so vielleicht nicht funktionieren, denn wenn man zu viele junge Spieler reinwirft, ziehen die jüngeren meist gegenüber den Erfahreneren den Kürzeren. In Österreich macht die Qualität die Erfahrung weg.
Fohlen-Hautnah: Hast Du vor Deinem Wechsel mit Marco Rose noch in Salzburg über Deine Absichten gesprochen und was hat er Dir eventuell geraten und mit auf den Weg gegeben?
Xaver Schlager: Als der Wechsel bekannt wurde, hat er mir gratuliert und mir signalisiert, dass er den Schritt und den Wechsel nachvollziehen kann und gut ihn findet. Natürlich haben auch wir Spieler in Salzburg schon gewusst, dass er nach Mönchengladbach geht. Er hat sich generell für jeden Spieler gefreut, der den nächsten Schritt machen konnte. Es muss aber sowieso jeder für sich entscheiden, ob er den nächsten Schritt macht oder nicht.
Fohlen-Hautnah: Marco Rose war in Salzburg ein Förderer Deiner Person. Unter ihm bist Du zweimal österreichischer Meister und einmal Pokalsieger geworden, hast 93 Spiele unter seiner Regie gemacht. Was ist Marco Rose generell für ein Typ Trainer beziehungsweise Mensch?
Xaver Schlager: Marco Rose ist ein sehr besonderer Trainer, der es einfach schafft, eine richtig gute Mannschaft aufzubauen. Dabei geht es gar nicht mal primär nur um die Qualität, sondern um das Gefüge innerhalb der Mannschaft. Er kann die Spieler mitreißen und motivieren. Er hat ein großes Talent und Fingerspitzengefühl dafür, den Kader zu moderieren und die Spieler bei Laune zu halten. Das ist nicht immer ganz einfach im Fußball, denn es ist ein sehr hartes Geschäft. Unter ihm bricht kein Spieler weg, jeder bekommt seine Chance, wenn er hundert Prozent gibt und da ist, wenn man ihn braucht. Auch taktisch und menschlich hat er mit seinem gesamten Trainerteam sehr gute Eigenschaften. Auch abseits des Platzes kann man immer mit einem Problem zu ihm gehen, er hat immer ein offenes Ohr für einen. Das komplette Trainerteam funktioniert einfach sehr gut und harmoniert, die Mischung stimmt.
Fohlen-Hautnah: Hast Du denn noch Kontakt zu Marco Rose, vor allem im Hinblick auf das bevorstehende Spiel?
Xaver Schlager: Wir haben vor dem Hinspiel noch miteinander geredet, damals war ich natürlich etwas glücklicher als er. Ansonsten habe ich noch mit Co-Trainer René Maric regelmäßigen Kontakt, wir schreiben uns öfters. Nach dem Spiel werde ich aber sicherlich nochmal die Möglichkeit haben, mit Marco Rose zu sprechen. Vor dem Spiel gibt es aber keine Geschenke, das weiß jeder.
Fohlen-Hautnah: Bei den Borussen spielt mit Stefan Lainer ein ehemaliger Teamkollege und Nationalmannschaftskamerad. Hast Du mit Ihm vor Deinem Wechsel in die Bundesliga gesprochen, was ist ‚Stevie‘ für ein Typ, wie bewertest Du seine Auftritte bei den Fohlen? Wirst Du mit ihm vor dem Spiel sprechen und vielleicht eine Wette abschließen?
Xaver Schlager: Wir waren in Salzburg sehr oft Zimmerkollegen und haben viel miteinander gesprochen. Über unsere Wechsel haben wir natürlich auch gesprochen ‚Stevie‘ wollte ja schon das Jahr davor wechseln, aber da hat es nicht geklappt. Ich habe mich dann riesig für ihn gefreut, dass der Wechsel nach Gladbach geklappt hat. In der Corona-Pause haben wir gemeinsam ‚Fortnite‘ gespielt und regelmäßigen Kontakt gehabt. Wir haben vor dem Spiel kurz geschrieben. Seine Entwicklung ist sehr, sehr gut, er spielt ja auch fast jedes Spiel. Das bin ich von ihm gewohnt, weil er einfach eine Maschine ist. Er macht das sehr gut und passt auch super in das Konzept von Gladbach herein. Er hat einen Verein gefunden, der sehr gut zu ihm passt. Bei den Fans wird er sicherlich auch sehr beliebt sein, weil er ein harter Arbeiter ist und einfach nie aufgibt. Das zeichnet ihn aus. Ich kann nur sagen, dass er eine sehr gute Saison spielt und hoffentlich gegen uns nicht ganz so gut drauf ist (lacht).
Fohlen-Hautnah: Seid ihr vom Spielertyp her vielleicht ähnlich? Du hast die Eigenschaften von ‚Stevie‘ ja schon beschrieben. Du hast mal in einem Interview gesagt, dass Deine Spielweise auch eher von der Lauf- und Kampfbereitschaft geprägt ist…
Xaver Schlager: Ich denke schon, dass wir uns da sehr ähnlich sind. Früher in Salzburg war die rechte Seite sicherlich nicht die spielerisch beste Seite. Da ging es bei uns eher über Arbeit und Kampf. Wir haben uns da aber gut ergänzt und wissen beide, dass Laufen und Kämpfen einiges wettmachen und für den Gegenspieler sehr unangenehm sein kann. Wir haben uns da immer beide gepusht. Wir sind schon ein bisschen ähnlich.
Fohlen-Hautnah: In Wolfsburg läuft Dein Vertrag noch bis 2023. Was hast Du Dir für die nahe und ferne Zukunft auf die Fahne geschrieben?
Xaver Schlager: Das Wichtigste für mich ist, dass ich immer besser werde und mich weiterentwickle. Ich möchte mein Spiel verbessern und auf ein sehr hohes Niveau kommen. Früher war es immer mein Ziel, für Arsenal London zu spielen. Wenn das irgendwann klappen würde, wäre ich glaube ich einer der glücklichsten Menschen der Welt. Wenn nicht, dann nicht. Aber es ist mein Ziel, das Maximum aus mir herauszuholen. Wir werden sehen, ob ich an die Grenze komme oder nicht und ob der Weg weiter geht oder eben nicht. Das hängt aber nicht immer nur von mir ab. Ich möchte jedes Spiel so weit bringen, dass ich das Bestmögliche von meiner Version bin. Sicherlich habe ich aber das Ziel, mal in den ganz großen Wettbewerben zu spielen.