
In der abgelaufenen Saison hatte Borussia die viertbeste Offensive in der Bundesliga, im Gegenzug aber auch die viertschlechteste Abwehr. Der neue Trainer Adi Hütter muss allen voran an der richtigen Balance arbeiten, denn die Fohlen waren nach Kontern zu anfällig. Auch die Stürmer müssen vor dem Tor wieder kaltschnäuziger werden. Gemeinsam mit der Schotes Firmengruppe schauen wir auf eine ‚Baustelle Borussia‘.
Zu ungefährlich in den Zweikämpfen
Dass Borussia in der Bundesliga-Spielzeit einen Wandel in der Defensive vollbracht hat, ist bekannt: Die Fohlen entwickelten sich von der drittbesten zur viertschlechtesten Defensive der Bundesliga und kassierten 56 Gegentreffer. Im Schnitt musste Yann Sommer pro Spiel 1,65-Mal hinter sich greifen, in der ersten Saison unter Marco Rose waren es nur 1,18-Mal (Daten alle von CREATEFOOTBALL). Zu viel, denn letztlich kosteten viele verspielte Führungen der Fohlenelf satte Punkte, die am Ende zur verpassten Qualifikation für den Europapokal beigetragen haben.
Doch die Probleme fingen nicht erst in der Abwehrkette an, sie entstanden teilweise auch schon im Mittelfeld. Sieben Gegentreffer fing sich die Fohlenelf nach einem Konter, das ist der höchste Wert aller Bundesligisten. Problem: Christoph Kramer, Florian Neuhaus und auch Denis Zakaria weisen alle lediglich Zweikampfwerte um die 60 Prozente auf. Das Trio muss also in den Duellen in der gefährlichen Zone noch effizienter werden, um so die Abwehr um Matthias Ginter und Nico Elvedi zu entlasten.
Neue Stabilität mit Koné?
Hinzu kommen auch noch zu viele Ballverluste: Im Durchschnitt verloren die Fohlen 18-Mal pro Spiel den Ball in der eigenen Hälfte, auch das ist ein Abstiegsplatz im Liga-Ranking. Wer neben Christoph Kramer in der neuen Saison noch im Mittelfeld spielen wird, ist derzeit nicht gänzlich klar. Zwar haben Florian Neuhaus, Denis Zakaria und auch Jonas Hofmann in der neuen Saison noch gültige Verträge, doch immer wieder gibt es hartnäckige Gerüchte. Eine Klärung während der laufenden Europameisterschaft ist unwahrscheinlich, deshalb muss sich Adi Hütter mit diesen Personalien noch etwas gedulden.
Klar hingegen ist, dass mit Kouadio ‚Manu‘ Koné eine echte Verstärkung an den linken Niederrhein kommt. Der noch junge Franzose gilt als eine gute Mischung zwischen Neuhaus und Zakaria. Koné greift nämlich, ähnlich wie Zakaria, den Gegner bereits sehr früh an und führt mit Abstand die meisten Offensivzweikämpfe in seiner Liga (15,2 pro Spiel). 3,5 Balleroberungen pro Partie unterstreichen diese Fähigkeit nochmals, seine Stärken liegen eben besonders in der Offensive. Er trägt die Bälle mit raumgreifenden Läufen und Dribblings durchs Mittelfeld und versucht im Angriffsdrittel die Mitspieler einzusetzen. Durch seine offensive Spielweise und die frühen Tacklings könnte Koné eben dafür sorgen, dass die Abwehrreihe der Fohlen deutlich entlastet wird weil die Zweikämpfe viel früher stattfinden.
Dieser Spielertyp kommt dem bisherigen Stil von Adi Hütter sehr entgegen, denn der 51-Jährige ließ in Frankfurt sehr hoch und vor allem aggressiv den Gegner anlaufen, um so Pressingmomente zu erzwingen. Hohes Anlaufen und ein aggressives Angrifsspressing sind typisch für die vergangene Spielzeit der Eintracht unter dem Österreicher. Sobald Hütter der Defensive wieder Stabilität eingehaucht hat, geht es an die nächste Baustelle: Die Offensive.
Lars Stindl ragt in der Offensive heraus
Mit 64 erzielten Toren hatte Borussia die viertbeste Offensive der Bundesliga, lediglich Bayern, Dortmund und Frankfurt waren erfolgreicher. Der Erfolg trug aber in der abgelaufenen Spielzeit vor allem den Namen Lars Stindl. Borussias Kapitän war in der Offensive unersetzlich und schoss 14 Saisontore in der Bundesliga, bereitete dazu noch zehn Treffer vor. Der 32-Jährige spielte ohne Zweifel seine beste Saison bei den Fohlen.
Alassane Pléa hingegen enttäuschte in der letzten Saison: Der Franzose sammelte magere sieben Scorerpunkte (sechs Tore, ein Assist). In der Spielzeit 2019/ 20 erzielte Pléa zehn Tore und legte noch zehn weitere Treffer auf. Im Vergleich zur Zeit unter Dieter Hecking fiel seine Chancenverwertung binnen zwei Jahren von starken 32% auf nur noch 19% zurück. Damit war Pléa einer der ungenauesten Stammspieler im Sturm, was aber auch darauf zurückzuführen ist, dass ihn seine Mitspieler nicht immer in Position bringen konnten. Deshalb versuchte es der Franzose häufiger aus der Distanz, den Fohlen mangelte es in der gefährlichen Zone nämlich oftmals an Zielstrebigkeit und Kreativität.
Marcus Thuram hingegen konnte das Niveau seiner ersten Saison ansatzweise halten, fiel dennoch von 18 Scorerpunkten auf 15 zurück. Ebenso machte auch Breel Embolo einen Rückschritt. Der Schweizer erzielte drei Treffer weniger als in seiner ersten Saison bei Borussia.
Letztlich waren die Fohlen aber zu sehr von ihrem Kapitän abhängig, weil die Leistung in der Breite des Kaders nicht stimmte. Hier muss Adi Hütter definitiv ansetzen und die komplette Mannschaft wieder auf ein stabiles Niveau anheben, sodass auch mögliche Ausfälle wieder besser kompensiert werden können. Ein Faktor, der für einen erfolgreichen Start des Österreichers spricht, ist auf jeden Fall die Belastung.
Waren die Fohlen in der letzten Saison noch in drei Wettbewerben unterwegs, sind es jetzt eben ‚nur‘ noch die Bundesliga und der DFB-Pokal. Das gibt Hütter und seinem Trainerteam die notwendige Zeit, eine Einheit zu formen und vor allem taktische Finessen einzustudieren. Denn bei aller Freude über die Champions League war das ein Punkt, den auch Marco Rose schon häufig monierte…