Mal wieder enttäuschte Gesichter bei den Fohlen. Foto: Dirk Päffgen
Borussias Spiele gleichen derzeit einer Achterbahnfahrt, so auch das wilde 4:4 gegen Hoffenheim. Doch über allem steht die extrem wackelige und anfällige Defensive der Fohlen, mit der Siege derzeit nahezu unmöglich scheinen. Roland Virkus warb nach der Partie trotz allem um eine sachliche Bewertung.
Die Entwicklung geht in die falsche Richtung
Der Auftrag für Borussia Mönchengladbach vor der aktuellen Spielzeit war klar: die Defensive zu stabilisieren. Bei noch zwei zu verbleibenden Spielen und den aktuell 54 Gegentoren muss man feststellen, dass es nur in Teilen gelungen ist. Langsam aber sicher entwickeln sich die Fohlen wieder zur Schießbude der Liga. In den letzten fünf Spielen kassierten die Gladbacher stolze 14 Gegentore – dabei acht gegen Kiel und Hoffenheim und damit zwei vermeintliche ‚Abstiegskandidaten‘.
Gegen die Hoffenheimer kamen die Fohlen richtig gut ins Spiel und lagen früh mit zwei Toren in Front. »Die ersten 35 Minuten haben wir super gespielt und hätten sogar höher als mit 2:0 führen können«, sagte Robin Hack. Was danach folgte, war schon wieder typisch für Borussia. Nach einer komfortablen Führung wurde versucht, in den Verwaltungsmodus zu schalten, doch die Elf vom Niederrhein scheiterte dabei kläglich. »Nach der guten Anfangsphase haben wir nach gut 35 Minuten den Zugriff verloren und uns hinten reindrängen lassen. Damit haben wir den Gegner eingeladen – das darf uns nicht passieren«, merkte Rocco Reitz an, der die Führung mit seinem sehenswerten Treffer zwischenzeitlich ausbaute.
Das Zepter aus der Hand gegeben
Nach der Pause waren die Fohlen zwischenzeitlich völlig von der Rolle und mussten zwei fast identische Gegentore hinnehmen. Deshalb stellte Reitz folgerichtig fest, dass er und seine Kollegen »die Gegentreffer definitiv zu einfach bekommen haben. In den entscheidenden Duellen, den Gegner aus so kurzer Distanz nicht richtig zu stören, wird auf diesem Niveau Even bestraft. Es zerrt an den Nerven, wenn man selber so viele Tore schießt und nicht gewinnt.« Hack fand, dass die Fohlenelf »die Kontrolle abgeben hat. Die Hoffenheimer kamen sehr bissig aus der Kabine, während bei uns nach dem Seitenwechsel irgendetwas gefehlt hat. Die TSG hat dann viel mehr zweite Bälle gewonnen, wir waren zu passiv und haben ihnen viel zu leichte Tore ermöglicht.«
Für Borussias Trainer Gerardo Seoane fühlte sich der späte Punktgewinn trotzdem wie eine Niederlage ein, schließlich führte seine Mannschaft das Spiel zweimal an. »Wenn man zwischenzeitlich in Front liegt, will man das Spiel unbedingt gewinnen. Das ist uns nicht gelungen, deshalb sind wir alle enttäuscht – und verstehen auch die Enttäuschung der Anhänger. Wir sind gut gestartet, standen kompakt, hatten viel Drive und sind zu vielen Umschaltsituationen gekommen. Umso enttäuschender ist, wie wir das Spiel danach aus der Hand gegeben haben und dass wir eine Achterbahn der Gefühle erleben mussten. Die Mannschaft hat vor allem in der zweiten Hälfte in vielen Situationen nicht gut verteidigt und ist für ihre Fehler mit Gegentoren bestraft worden. Trotzdem ist sie bis zum Schluss zusammengestanden und hat nach dem 3:4 Moral gezeigt und zumindest noch einen Punkt gerettet«, lautete das Fazit des Schweizers.
Virkus mit anderem Blickwinkel
Die Stimmung im Borussia-Park war am Samstagnachmittag irgendetwas zwischen purer Enttäuschung und Fassungslosigkeit. Vereinzelt gab es nach dem 3:4 der Gäste sogar Pfiffe. Virkus zeigte sich deshalb angefressen. »Was mich erzürnt ist, dass die Jungs gefühlt tot sind, sie haben trotzdem alles für den Ausgleich gegeben und niemand freut sich. Das habe ich nicht verstanden«, ließ Virkus seinem Frust freien Lauf. Borussias Sportchef versuchte es deshalb mit einer anderen Einordnung: »Woher kommen wir? Wir haben letztes Jahr eine schwierige Saison gespielt, jetzt stemmen wir uns gegen diese Niederlage und laufen auf der letzten Rille, weil wir keine Innenverteidiger mehr auf der Bank haben. Ich kann jeden Zuschauer bei dem Spielverlauf nach der Zwei-Tore-Führung verstehen, aber man muss das sachlich bewerten«, erklärte Virkus und ergänzte noch: »Sachlich sage ich, wir haben unentschieden gespielt. Nach dem 3:4 waren sie tot, das Stadion war tot und du machst trotzdem den Ausgleich. Das zeigt, dass die Jungs leben.«
Sicherlich kann man der Mannschaft den Willen nicht komplett abstreiten, andernfalls wäre der späte Ausgleich nicht mehr gefallen. Wie die Fohlen gegen zwei Mannschaften aus dem tiefen, unteren Tabellendrittel aber auftraten, ist nahezu besorgniserregend. Der Eindruck bestätigt sich immer mehr, dass die starke Saisonphase zu Jahresbeginn vielmehr ein Höhenflug und von einer guten Form einzelner Spieler abhing, als auf einen Entwicklungsprozess zurückzuführen ist. Borussia muss deshalb, mal wieder, aufpassen, dass die Stimmung nicht komplett kippt. Noch bleiben zwei Partien übrig, um die Spielzeit noch einigermaßen versöhnlich abzuschließen.