Ein lesenswertes Buch zum 125-jährigen Vereinsjubiläum der Borussia. Foto: Borussia Mönchengladbach
Was ist Borussia Mönchengladbach? Um diese Frage zu beantworten, müsste man sich mit einigen Menschen aus dem Borussia-Kosmos unterhalten. Genau das haben jetzt die Autoren des Buches „Lieber 5:4 als 1:0“ getan – und sogar mit jenen „gesprochen“, die heutzutage nicht mehr unter uns sind. Eine Empfehlung.
Um die Geschichte eines Fußballklubs wie Borussia Mönchengladbach greifen zu können, muss man mit den Akteuren sprechen, die den Verein über die Jahrzehnte aufgebaut und entwickelt haben. Angesichts des 125-jährigen Bestehens, das Borussia Mönchengladbach im August feiern wird, haben sich Borussias Geschäftsführer Markus Aretz, Pressesprecher Michael Lessenich, Vereinsmuseums-Leiter Matthias Rech und Team-Fotograf Christian Verheyen mit 25 Personen unterhalten, die alle ihre eigene Borussia-Geschichte geschrieben haben und den Verein mit zu dem gemacht haben, was er heute ist.
Doch wie interviewt man jemanden, der vor 100 Jahren gelebt hat? Dazu haben sich die Autoren eines Kunstgriffs bedient und Archivmaterialien wie Zeitungs-Interviews oder Videomaterial gesichtet, Gespräche mit Angehörigen geführt und auf dieser Basis Interviews konstruiert. So beispielsweise mit Josef Beckers, einem der „Gründervater“ Borussias. Beckers spricht (fiktiv im Jahr 1919) über die Auswirkungen des I. Weltkrieges für den Verein sowie die zahlreichen Spielstätten, auf denen die noch junge Borussia ihre Spiele austragen musste. Er erinnert sich: „Am 1. August 1900 gründeten wir bei einem schönen Sommerausflug zum Malbauern in Neersen unseren FC Borussia von 1900.“
Gladbachs erster Star-Spieler
Von Heinz Ditgens, dessen konstruiertes Interview im Jahr 1950 stattfindet, erfahren die Leser über den Wiederaufbau des Klubs nach dem II. Weltkrieg und die Zusammenhänge von Mitgliedern der Vereinsführung mit dem NS-Regime. Albert Brülls, Borussias „erster Starspieler“, erklärt im fiktiven Gespräch 1962 die Gründe für seinen Wechsel zum AC Modena in Italien. Schon damals erkannte er, dass (Profi-)Fußball ein Vollzeit-Job ist: „Wir Fußballspieler sollten entscheiden können, was wir tun wollen: Sport oder Beruf.“
Persönlich getroffen haben sich die Autoren mit Vereins-Ikone Günter Netzer, der erklärt, wieso er beinahe bei Fortuna Düsseldorf statt bei Borussia gelandet wäre und was „die besten zwei Jahre“ seines Lebens gewesen sind. Auch Picco Corazzini, der Geschäftsführer von Netzers Gaststätte „Lovers’ Lane“ wurde persönlich interviewt. Maria Werth, die das Parkhotel in Viersen Süchteln in Borussias „glorreichen Jahren“ leitete, kommt wiederum in einem fiktiven Interview zu Wort. Das Parkhotel war damals eine Art „Herberge“ für die Spieler. „Mal brauchte der Berti Vogts eine Briefmarke“, sagt Werth, „oder ein anderer hatte mal wieder seine Sonnenbrille verlegt.“
Geschichte der Fohlenelf
Die ersten Schritte Richtung „modernem Fußball“ ging der Verein mit Günter Hirnstein, der davon erzählt, wie er in den 1950er Jahren selbst in der Jugend von Borussia spielte und später den „Fohlenstall“ mitaufgebaut hat – lange, bevor es Scouting-Abteilungen gab. Zur Jahrtausendwende äußert sich Ex-Spieler Igor Demo, ebenso wie Ehrenpräsident Rolf Königs und Borussias ehemaliger Geschäftsführer Stephan Schippers, die damals beide maßgeblich dazu beigetragen haben, den Verein aus der finanziellen Schieflage zu bringen. Und in Christoph Kramer und Marc-André der Stegen kommen auch Spieler der jüngsten Vereinsgeschichte zu Wort.
Sie alle erzählen von Borussia auf ihre eigene Weise – und mit ihnen 13 weitere Interview-Partner, die den Verein in den Anfängen und der Gegenwart in unterschiedlichen Position begleitet haben. Es lohnt sich, ihre Geschichten zu lesen – und so seiner eigene „Borussia-Story“ zu erweitern.
Erhältlich ist das Buch auch im FohlenShop zum Preis von 34,90 Euro.