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Daniel Farke: »Wenn du in dem Geschäft erfolgreich sein willst, musst du ein Workaholic sein«

Daniel Farke stellte sich am Montag den Fragen der Journalisten. Foto: Dirk Päffgen.

Am heutigen Montag gab es die erste Trainingseinheit bei Borussia Mönchengladbach. Anschließend stellte sich Daniel Farke den Fragen der Medienvertretern im flatex-Presseklub. Borussias Trainer sprach dabei unter anderem über seiner erste Eindrücke der Mannschaft, den Privatmann Daniel Farke und auch über Marcus Thuram. 

Daniel Farke über:

… das Trainingslager: 

das hier ist ein fantastischer Ort. Auch am Borussia-Park ist alles vorhanden, aber wenn man elf Monate immer am gleichen Ort arbeitet, dann ist es schon gut, auch mal eine Woche andere Einflüsse zu haben. Mit dem Hotel und den Plätzen haben wir perfekte Bedingungen. Es ist schön, einfach mal rauszukommen. Auch der Kontakt zu den Fans ist wichtig. Für uns einfach wichtig, auch mal 24 Stunden zusammen zu sein und auch mal nicht nur über Fußball zu sprechen. Ebenso ist es für die Neuzugänge und die jungen Spieler so noch besser, sich kennenzulernen und in die Truppe zu integrieren.

…die ersten Eindrücke der Mannschaft und der Neuzugänge:

Wir haben zwei externe Neuzugänge aber auch einige junge Spieler mit in der Gruppe, die sich zum Teil zum ersten Mal in der Mannschaft präsentieren dürfen. Es ist eine gute Gelegenheit für alle. Die Verantwortlichen können stolz darauf sein, was man hier in den letzten Jahren geschaffen hat. Auch welche Charaktere die Mannschaft hat. Damit meine ich nicht nur die Spieler, sondern auch den Staff. Es gab in den letzten Monaten eine Menge Kritik. Es ist nicht alles so gelaufen, wie man es sich als Borussia Mönchengladbach vorgestellt hat. Dann ist Kritik auch mal berechtigt. Die muss man auch annehmen. Ich bin ein Freund davon, selbstkritisch zu sein. Das ist vollkommen in Ordnung. Aber wenn man anschaut, was die Verantwortlichen in den letzten Jahren hier aufgestellt haben, dann können alle Fans sehr stolz darauf sein. Ich habe hier Menschen kennengelernt, egal ob Verantwortliche oder Spieler, die wissen, was es bedeutet, die Raute zu präsentieren. Hier wird nicht nur inhaltlich, sondern auch menschlich eine Top-Arbeit abgeliefert. Selbst Spieler, die aufgrund von Verletzungen nicht so involviert waren, oder Urgesteine wie Chris Kramer oder Tony Jantschke. Wir sprechen oft über Business, Verträge und Geld. Das ist auch wichtig. Aber wenn man merkt, was ihnen der Verein so bedeutet und wie sehr es sie auch beschäftigt hat, dass die letzten 18-24 Monate nicht so ideal gelaufen sind, dann ist das schon top. Das ist dann eine sehr gute Basis und eine, mit der man gerne arbeiten möchte. Ich spüre die Verantwortung, mit diesen Jungs zusammen, den Fans und dem Verein das zu geben, was sie verdienen und wollen. Nämlich Borussia in einer guten Art und Weise Fußballspielen zulassen und so erfolgreich wie möglich mit den Werten die Borussia verkörpert, zu verteidigen. 

…sein Trainerteam:

Fußball ist heute keine One-Man-Show. Natürlich muss ich führen und bin nach Außen der Cheftrainer des Vereins. Sicher bin ich auch der wichtigste Ansprechpartner für den Staff und meine Spieler. Du musst eine Gruppe von 30 Spielern führen und so viele Stunden hat ein Tag nicht, als dass ich das alleine machen könnte. Du brauchst ein Team voller Loyalität, Charakterstärke aber auch inhaltlicher Qualität. Die Gedanken, Vorstellung und Werte, wie wir arbeiten und Fußball spielen wollen müssen bei allen stimmen. Da war es mir extrem wichtig, meine Jungs mitzubringen. Wir wollen gut aufeinander abgestimmt sein. Aber ich muss auch die vorhandene Qualität des Staffs loben. Das ist nicht nur inhaltlich auf einem Top-Niveau sondern auch menschlich. Entscheidend ist es, dass auf den Platz zu bringen und wichtig ist es, dass in den Spielen umzusetzen. Du kannst dir keine Ergebnisse backen, sondern du musst darauf hinarbeiten, möglichst erfolgreich zu sein. Ich glaube, dass du so spielst, wie du trainierst und arbeitest. Du bekommst auf langer Strecke immer das, was du investierst. Da wollen wir richtig gut sein, um die Spiele positiv zu gestalten. 

Daniel Farke im Mediengespräch am Tegernsee. Foto: Dirk Päffgen.

…die Wichtigkeit einer guten Stimmung in der Kabine: 

Die ist sehr wichtig. Inhaltlich und taktisch muss du top sein. Auch individuell ist es kein Zuckerschlecken. Es ist eine gute Voraussetzung, wenn du ein gutes Arbeitsklima hast. Du musst es schaffen, dasa eine Fokussierung in der Kabine gegeben ist. Die Jungs wissen, dass sie auf dem Level abliefern müssen. Im Profifussball ist es auch so, dass man Druck verspürt. Von daher ist ein gutes Arbeitsklima in der Kabine einfach auch extrem wichtig. Aber da kann ich den Jungs ein großes Kompliment machen. Bisher ist es ein sehr angenehmes Arbeiten. Ich kann sagen, dass sich die Jungs in einer 1A-Verfassung präsentieren. 

…die Analyse der letzen Monate:

Natürlich habe ich analysiert, mir viele Spiele angeschaut und Dinge gefunden, an denen wir arbeiten müssen. Aber ich will gar nicht so sehr zurückschauen. Es ist ein gewisser Neustart, mit einigen neuen Spielern und einem neuen Trainerteam. Mir ist wichtig, nicht zu viel zurückzuschauen. Das steht mir auch nicht zu. In den letzten Jahren haben hier Top-Verantwortliche gearbeitet. Das sieht man an der Kaderstruktur und den Charakteren. Auch an der Qualität, die im Kader vorherrscht. Das ist eine gute Basis und es ist mein Job, aus der Basis das Optimum herauszukitzeln. Die Einnahmen aus dem europäischen Wettbewerb brechen weg, Corona hat auch nicht geholfen. Es gibt sicher Vereine, die auf einem anderen Niveau arbeiten können. Das wissen wir. Wir wollen mit unseren Mitteln und unseren Möglichkeiten versuchen, das Beste herauszuholen.. Ich habe in England gearbeitet und Borussia Mönchengladbach ist auch dort ein wirklich großer Name. Das hat man nicht in der Lotterie gewonnen, sondern durch inhaltlich gute Arbeit. Daran wollen wir anknüpfen und eine gute Serie spielen. 

…die Aufgabe Borussia Mönchengladbach als solche:

Wenn du keine Lust auf Borussia Mönchengladbach hast, dann darfst du kein Fußballtrainer sein. Sind wir mal ehrlich: Die Premier League ist bestimmt die beste Liga der Welt, aber die Bundesliga steht dem kaum nach. Wir haben Top-Mannschaften in der Liga und eine hohe Qualität. Borussia hat große Erfolge in früheren Zeiten gefeiert. Borussia hat Trainer- und Spielerlegenden kreiert und einfach Momente und Geschichte geschrieben in dieser Liga. 

…den Trainer Farke:

Es ist immer schwer, sich selbst zu beurteilen. Normalerweise machen das andere. Ich mag es auch gar nicht, viel über mich selbst zu sprechen. Das ist auch gar nicht so entscheidend. Es geht ja nicht um Daniel Farke, sondern darum, Borussia Mönchengladbach nach vorne zu bringen. Natürlich muss ich auch führen und klare Regeln vorgeben. Wenn ich als Trainer freundlich und nett wirke, dann kann es auch Situationen in der Kabine geben, wo wir dann keinen Stuhlkreis bilden. Es gibt dann auch schon mal Zeiten für einen Monolog. Du musst als Trainer das Gesamte im Blick haben. Die Jungs kommen aus den Akademien, da kannst du ihnen nicht mit Zusammenhalt und Gras fressen kommen. Du musst mit Inhalten kommen und eine Top-Arbeit abliefern. Darüber hinaus musst du in der Lage sein, eine Gruppe und Menschen zu führen. Auch die Medienlandschaft und Verantwortlichen ebenfalls. Ohne die Fans ist es auch nicht möglich erfolgreich zu sein. Ich muss auch ein Vorbild sein, denn wenn von außen gekräht wird und ich nervös werde, wie sollen dann meine Spieler dann ruhig bleiben. Es ist schon wichtig, dass ich da eine gewisse Ruhe ausstrahle. Es ist ein sehr komplexer Bereich, den du als Trainer ausführst. Ob ich dem gerecht werde oder erfülle, dass müssen andere bewerten.

…Marcus Thuram und seine Vertragssituation: 

Ich schaue nicht mehr zurück. Alle Spieler haben die Chance, sich in den Vordergrund zu spielen und zu beeindrucken. Das gilt für jeden. Wir geben allen die Chance. Wir wollen die besten Spieler für Borussia Mönchengladbach haben. Wenn wir von Marcus Thuram sprechen, dann finde ich ihn außergewöhnlich. Ich schätze ihn sehr und er hat eine ganz hohe Qualität. Man kann als Spieler nicht ständig auf einem absoluten Top-Niveau spielen, das ist auch ganz normal. Da können kleinste Details sein, die einem von der Höchstform abhalten. Unsere Aufgabe ist es, ihn dahin zu bringen. Wir sind dabei, ihn in eine Top-Verfassung zu bringen. Er hat bisher absolut überzeugt auf und neben dem Platz. Ich bin gar nicht so fokussiert auf Positionen. Er hat viele unterschiedliche Qualitäten. Für mich ist wichtig, dass er in einer zentralen Position eingesetzt wird. Er ist nicht der typische Flügelstürmer. Er muss nah am Tor sein. Diese Qualität hat er absolut. Er kann aber auch aus einer tieferen Position kommen. Wichtig ist, dass er seine eigenen Stärken einbringen kann. Marcus steht bei uns unter Vertrag. Da muss ich nicht zum Sportdirektor gehen. Ich bin da Old School in meinen Werten. Ich habe meine Verträge von meiner Seite aus immer erfüllt. Wenn ich einen Vertrag unterschreibe, dann unterschreibe ich ihn, um ihn zu erfüllen. Das erwarte ich von meinen Spielern ganz genau so. Ich bin aber nicht naiv. Natürlich sind da immer finanzielle Notwendigkeiten, Transfers gegen Ablösesummen. Transfers werden ja immer nur realisiert, wenn es für alle Seiten ein gutes Geschäft ist. Wenn eine Seite das nicht will, kommt es nicht zu diesen Geschichten. Im Fußballgeschäft habe ich gelernt, niemals nie zu sagen und nichts auszuschließen. Selbst Top-Spieler wechseln manchmal den Club. Ich bin ganz offen. Ich habe lieber Spieler bei Borussia Mönchengladbach, die vielleicht auch Begehrlichkeiten bei andren Clubs erwecken anstatt Spieler, die kein anderer Club will. Ich bin froh, dass es Gerüchte um meine Spieler gibt. Hier sehe ich keine Anzeichen, dass er über andere Dinge nachdenkt. Wenn dann doch mal der FC Barcelona kommt und 180 Millionen bietet, dann kann es schon mal passieren, dass man darüber nachdenkt.. Aber ich kann nicht sagen, ob das reinkommt. Wir haben jedenfalls kein Bestreben, ihn abzugeben. Er präsentiert die Raute und ich bin einfach froh, seine Qualität in meinem Kader zu haben. 

…die Trainingseinheiten und die Fans beim Training:

Ich genieße, wie es derzeit ist. Einheiten in England sind nicht öffentlich. Weder für Pressevertreter noch für Fans. In Deutschland wird das traditionell anders gehandhabt. Und das weiß ich hier bei Borussia sehr zu schätzen und genieße das auch richtig. Es wird mit Sicherheit die eine oder andere Trainingseinheit geben, die hinter verschlossenen Türen stattfinden wird. Wenn der Gegner sieht, welche Standards wir eintrainieren, dann brauchen wir die Dinger gar nicht einzustudieren. Das wird so wenig wie möglich der Fall sein, weil ich finde, dass diese Offenheit dem Klub gut tut. Das bedeutet auch, ein bisschen mehr Arbeit für den Trainer, da ist schon etwas mehr Geräuschkulisse, Gespräche und Autogramme. Aber das gehört dazu. So lange das alles sehr respektvoll und im Rahmen abläuft Für englische Trainer wäre es schwierig, so zu arbeiten, aber ich bin ein deutscher Trainer, der es gewohnt ist. Ich würde das nicht für jeden Klub in Deutschland sagen, aber wenn man die positiven Fans sieht, überwiegen die Vorteile bei Weitem. Bei uns wird es auch mal Kritik geben, wenn wir Spiele verlieren. Das ist ganz normal. Für Borussia Mönchengladbach würde ich immer empfehlen, bleibt bei euren Werten und lasst uns so bleiben. Wir haben keinen Grund, uns vor unseren Fans zu verstecken. Wir werden die Fans weiterhin mit offenen Armen empfangen. Und ja – Es geht um Geld, um Business und Verträge. Aber Fußball ist vor allem für die Fans. So wollen wir es weiterhin handhaben bei Borussia Mönchengladbach. 

…seine Spielweise und defensive Stabilität:

Fußball ist komplex und da müssen alle Dinge zusammenspielen. Mein Fußball ist sehr offensiv und auf Ballbesitz ausgerichtet. Sicherlich auch attraktiv im Auge einiger Betrachter. Ich spiele sehr aktiv und offensiv mit dem Versuch, viele Tore zu erzielen. Bei Norwich haben wir attackiert und auch riskante Lösungen gewählt. Aber um erfolgreich zu sein, brauchst du immer eine gute Basis und eine gute Balance. Wenn ich über meine letzte Saison bei Norwich nachdenke. Da haben wir viele Tore gemacht und viele Spiele auch gewonnen. Aber auch zwanzig zu Null Spiele gehabt. Das ist einfach die Basis. Im Fußball hängt alles zusammen. Wenn man über defensive Stabilität redet, ist das nicht nur das Spiel gegen den Ball. Es geht auch darum, eine gute Struktur im Ballbesitz zu haben. Je mehr wir den Ball haben, desto stabiler sind wir in der Defensive. Je mehr Ballbesitz wir haben, um so weniger Gelegenheiten geben wir dem Gegner, um Tore zu erzielen. Wenn wir 80 Prozent den Ball haben, kann der Gegner nur 20 Prozent des Spiels ein Tor erzielen. Wenn du mehr Ballbesitz hast, bist du ausgeruhter, um gegen den Ball mit mehr Intensität zu arbeiten. Das kommt auch dazu. Wenn du eine gute Struktur im Ballbesitz hast, gelingt es dir auch, im Gegenpressing den Ball wiederzugewinnen. Es gehört alles zusammen und wir wollen einfach defensiv sehr stabil sein. Dafür werden wir viel arbeiten. 

…den Privatmann Farke: 

Ich stehe auf Kaffee. Ich kann nachts um 00:00 Uhr Kaffee trinken und um 00:02 Uhr einschlafen (grinst). Wenn du in dem Geschäft auf dieser Position erfolgreich sein willst, dann musst du ein Workaholic sein und versessen sein, Tag und Nacht zu arbeiten. Wenn du das nicht und nicht detailversessen bist, nicht bereit bist, alles hinten anzustellen, und an jedem Rad zu drehen, taktisch darüber nachzudenken, was für die Gruppe gerade wichtig und welche Ansprache wichtig ist, dann bist du fehl am Platz. Die schönste Zeit ist immer als Spieler. Wenn du ein Spiel gewinnst, dann kannst du mit Jünter ein bisschen durch die Gegend rennen und dich feiern lassen. Im Moment des Abpfiffs eines gewonnen Spiels, denkst du als Trainer schon, was machst du, um das nächste Spiel wieder nicht zu verlieren. Die Spieler, die gerade auf der Bank gesessen haben, freuen sich über den Sieg, aber so richtig glücklich sind sie eben auch nicht. Darüber musst du dir direkt Gedanken machen. Auch die Messeges im nächsten Interview, das dann zwei Minuten später stattfindet, sind wichtig, um das nächste Spiel schon vorzubereiten. Wenn du als Trainer denkst, du weißt alles und brauchst dich nicht mehr weiter zu entwickeln, dann ist der Zeitpunkt gekommen, bei dem du zurücktreten sollst. Das Geschäft ändert sich und du musst immer versuchen, vor der Welle zu sein. Wenn andere nachgezogen haben, dann musst du dich wieder neu erfinden und neu kreieren. Wenn du dazu nicht bereit bist, dann ist es schwierig. Das versuche ich natürlich zu sein und bin es auch. Trotzdem ist es wichtig, sich selbst ein wenig zu disziplinieren und sich Auszeiten und Freiraum zu nehmen. Ansonsten kannst du nicht auf Top-Niveau arbeiten. Du fragst dich sonst, warum machst du das alles. Diese Freiräume sind wichtig. Ich habe studiert, bin Betriebswirt. Ich habe mich immer viel für Literatur und Filme interessiert. Beim Lesen finde ich viel Entspannung und viel Inspiration. Ich versuche dennoch aktiv zu bleiben, weil es mir für die nächste Besprechung oder die nächste Trainingseinheit hilft. Dazwischen ist nicht viel Zeit, wenn ich ehrlich bin. Es ist keine Zeit für Außergewöhnliches, zeitintensive Sportarten.

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