Lange musste Vincenzo Grifo auf seine Chance warten. Im Spiel von Borussia Mönchengladbach bei der TSG 1899 Hoffenheim setzte Dieter Hecking von beginn an auf den Neuzugang aus Freiburg. Und dieser zahlte das Vertrauen beim 3:1-Sieg mit einer beeindruckenden und herausragenden Leistung zurück.
Nein, Vincenzo Grifo hatte es bisher gewiss nicht leicht bei seinem neuen Arbeitgeber Borussia Mönchengladbach. Im Sommer vom SC Freiburg an den linken Niederrhein gewechselt, kam der Offensivman bei den Fohlen bisher nur schwer auf Trapp. Zu Beginn von einer Kapselverletzung zurückgeworfen, stand er nach Wiedergenesung nur im zweiten Glied. Auf lediglich dreizehn Minuten kam der gebürtige Italiener bis zum Spiel in Hoffenheim. Dabei hatte er gegen Hannover nach seiner Einwechslung mit einen herausgeholten Elfmeter noch mit für den Sieg gesorgt.
Dieter Hecking weiß zwar um die Qualitäten seines Schützlings, sah aber zuletzt andere weiter vorne. Doch auch Fußballtrainer wissen, wie motiviert Spieler mitunter sind, wenn sie gegen Ex-Klubs antreten können und dürfen. Und da Hecking bereits nach dem Pokalspiel in Düsseldorf für das Spiel in Hoffenheim eine Rotation ankündigte, brachte er Grifo gegen Hoffenheim von Beginn an. Jenen Klub, für den der 24-Jährige in zwölf Bundesligapartien auf dem Platz stand, aber nicht so richtig den Durchbruch schaffte.
Und im Kraichgau zeigte der ehemalige U20-Nationalspieler Italiens, warum ihn Max Eberl im Sommer für sechs Millionen aus Freiburg an den linken Niederrhein holte. Grifo belebte das Spiel der Borussen deutlich und sorgte für Torgefahr. Und dazu bewies bei Freistößen einen feinen Fuß. Schon im ersten Durchgang hätte der Italiener ein Tor mehr als verdient gehabt. Grifo war im ersten Durchgang an fünf von acht Torschüssen der Borussen beteiligt (zwei abgegeben, drei vorgelegt) und lief von allen Borussen mit 5,8 Kilometern die meisten.
Überragende Vorlage zum 2:1 – Der weiße Brasilianer
Damit hatte der Offensivmann aber noch nicht verschossen – im Gegenteil. Auch nach der Pause bereitete der 24-Jährige große Freude, spielte weiter stark und bereitete gleich zwei Treffer vor. Und gerade die Vorlage zum 2:1 von Ginter war überragend vorbereitet. An der Strafraumkante tanzte Grifo gleich mehrere Gegenspieler aus und steckte dann durch zu Ginter, der nur noch einschieben musste.
Wie Slalomstangen ließ Grifo im Stile eines weißen Brasilianers da die Hoffenheimer stehen. Sensationell, wie er den Ball durchsteckt nach diesem Slalom. »Das ist klasse, das ist super, das ist einmalig. Ein Wahnsinnstor, vor allem die Vorbereitung«, überschlug sich Sky-Kommentator Jörg Dahlmann bei der Zusammenfassung des Spiels und sagte es wohl treffend: »Er ist ein toller Fußballkünstler, dieser Italiener.«
Und auch dritten Treffer durch Jannik Vestergaard war Grifo mit der Ausführung der Ecke beteiligt. Unter dem Strich bereitete er in Hoffenheim acht Torschüsse vor – nur Joshua Kimmich waren in dieser Saison mit neun mehr Torschussvorlagen in einem Spiel gelungen. Grifo lief insgesamt lief 11.98 Kilometer und liegt damit nur knapp hinter Hazard (11.99 Kilometer). Nur Kerem Demirbay lief mit 12.03 Kilometern knapp mehr von allen Feldspielern. Mit 86 intensiven Läufen liegt Grifo von allen Feldspielern auf Rang drei.
Starke Werte und eine starke Vorstellung des Neuzugangs aus Freiburg, der sich eine Bestnote ohne Zweifel verdient hat, durchaus als Spieler des Spiels bezeichnet werden kann und in einigen Top-Elfs des Spieltags vertreten sein dürfte, ja sogar müsste.
»Es ist schön für einen Spieler, der lange warten musste, bist er seine Qualitäten zeigen durfte, so reinzukommen. Aber dass verdeutlich das Klima in unserer Mannschaft. Ein Spieler, der reinkommt, versucht sofort das in die Waagschale zu werfen, was er der Mannschaft geben kann. Und das hat Vince heute eindrucksvoll getan, lobte Eberl bei Sky.«
»Werde jetzt keine Ansprüche auf irgendwas stellen«
»Ich war nach so langer Zeit heute einfach froh, wieder auf dem Platz zu sein und Spaß zu haben. Ich liebe den Fußball und einfach zu zeigen, was ich kann«, strahlte Grifo im Interview mit Sky.
Und auch in seiner schweren Zeit hat nie den Kopf in den Sand gesteckt. »Man muss positiv bleiben und hart an sich arbeiten. Ich habe in der Verletzungszeit sehr hart an mir gearbeitet, auch konditionell«, so Grifo weiter. »Und ich habe an vielen Schrauben gedreht, wo ich mir gedacht habe, dass es da vielleicht noch fehlen könnte. Heute wurde es belohnt. Es gibt auch immer einen lieben Gott, der dir dann auch ein Stück weit Glück bringt. Heute war es so.«
»Vincenzo Grifo hat seine Chance eindrucksvoll genutzt«, lobte Dieter Hecking, forderte aber gleichzeitig: »Genauso muss er das aber spielen, auch im Training. Dann ist vieles gut«. Viel bzw. alles von Vincenzo Grifo war in Hoffenheim jedenfalls gut. Der 24-Jährige hat in Hoffenheim ohne Zweifel ein starkes Bewerbungsschreiben abgegeben und ist in dieser Form nahezu unverzichtbar für das Spiel der Fohlenelf.
Man darf gespannt sein, ob der Italiener trotz dieser starken Vorstellung in der nächsten Woche im Heimspiel gegen Mainz 05 wieder rausrotiert. »Ich werde jetzt keine Ansprüche auf irgendwas stellen. Wer spielt, entscheidet immer noch der Trainer«, zeigte sich Grifo diplomatisch. »Ich habe versucht, mich heute zu zeigen. »Wir haben heute als Mannschaft einfach ein wirklich gutes Spiel gemacht.« So wie Vincenzo Grifo.