Die große Euphorie nach dem Sieg im Derby ist spätestens seit gestern Abend verpufft. Die Mannschaft von Marco Rose kam im ersten Heimspiel der Europa League ordentlich unter die Räder. Im Gegensatz zu den letzten Spielen ließ Borussia Mönchengladbach die grundliegenden Tugenden wie Mut, Einsatz und den absoluten Siegeswillen vermissen. Unser Kommentar zur unerwarteten Pleite.
Schon die Präsentation der Mannschaftsaufstellung lief gestern nicht reibungslos: Stadionsprecher Torsten „Knippi“ Knippertz las wie gewohnt die Namen der Fohlenelf vor, doch bei der Nummer sechs hakte es. Anstelle von Christoph Kramer stand auf seinem Zettel der Name von Denis Zakaria. Etwas Gelächter ging durch den Borussia-Park, doch zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass es in den folgenden 90 Minuten wenig Gründe zum Schmunzeln gab.
Nach 13 Minuten drückte Shon Weissmann den Ball ins Tor von Yann Sommer, die 77 mitgereisten Fans des Wolfsberger AC waren völlig aus dem Häuschen. Vorausgegangen war ein Einwurf, die komplette Hintermannschaft war zu diesem Zeitpunkt noch im Tiefschlaf. Sowohl Nico Elvedi als auch Matthias Ginter reagierten zu spät bzw. gar nicht, sodass Wolfsberg schon nach wenigen Minuten auf die Siegerstraße abbog.
Wie ausgewechselt
Eigentlich hätte anschließend ein Ruck durch die Mannschaft gehen müssen, denn offensichtlich wurde der Gegner stark unterschätzt. Und das obwohl Marco Rose und Stefan Lainer – beide kennen den die Gäste gut – im Vorfeld nicht müde wurden, vor den Stärken der Wolfsberger zu warnen. Doch bei allen Spielern scheint die Botschaft nicht angekommen zu sein. Für sie war das Spiel schon vor dem Anpfiff gewonnen. Eine Elf, bis auf László Bénes, die vor wenigen Tagen noch für tollen Fußball von Beginn an in Köln gesorgt und das Derby letztlich souverän gewonnen hatte, hatte plötzlich das Fußballspielen verlernt.
Grundlagen wie Mut, Einsatz und der absolute Siegeswille, welche Rose seinem Team in den bisherigen Spielen predigte und erfolgreich beigebracht hatte, blieben auf der Strecke. Auch beim zweiten Gegentreffer konnte Leitgeb völlig ungestört das Tor erzielen, zuvor kam der Ball von einem Freistoß aus dem Halbfeld in den Sechzehner. Einige der knapp 35.000 Zuschauer im Borussia-Park taten ihren Unmut in Form von Pfiffen schon kund. Beim Abpraller von Sommer, der den Ball vor dem dritten Gegentor aus kurzer Distanz noch halten konnte, setzte niemand nach.
Wo ist die Leichtigkeit hin?!
Niemand konnte erwarten, dass Marco Rose mit seiner Mannschaft nach einer Systemumstellung durch die Saison marschiert und keinen Dämpfer bekommt. Doch der gestrige Abend war eher ein Rückfall in alte Zeiten und erinnert an den mutlosen Auftritt in Düsseldorf in der vergangenen Rückrunde. Zu viele lange Bälle und die Spitze, zu wenig Einstudiertes. Die Spielzüge glichen bei der höchsten Europapokal-Heimpleite eher einem Zufallsprodukt.
Es ist auch nicht so, als hätte der WAC ein Feuerwerk abgebrannt: Die Gäste aus Österreich hatten sieben Torschüsse und vier davon landeten eben im Tor. Doch sie zeigten Einsatz, Biss und den Willen, dieses Spiel für sich zu entscheiden. Mit diesen Eigenschaften zwangen sie die Fohlenelf zu Fehlern.
Ein Warnschuss vor den wichtigen Spielen
Nun gilt es aus dieser unerwarteten und vor allem unnötigen Niederlage, man bringt sich am ersten Europa-League-Spieltag schon in eine schlechte Ausgangslage, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Marco Rose tat das nicht öffentlich, sondern wird seinen Spielern intern schon ordentlich ins Gewissen reden. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ohnehin nicht, denn schon am Sonntag steht mit dem rheinischen Duell gegen Düsseldorf das nächste Spiel an…