Als Präsidiumsmitglied ist Hans Meyer der Borussia bis heute treu geblieben. 2008 übernahm er zum letzten Mal das Traineramt des VfL und machte im Mai 2009 den Klassenerhalt perfekt. Nun sprach er über seine Bindung zum Fußball, die nicht ganz so tief geht, wie man es vielleicht vermuten könnte.
»Es gibt für mich schon noch Wichtigeres als Fußball und die Borussia«, antwortet Hans Meyer in der aktuellen Ausgabe des ’Fohlenpodast’ auf die Frage von Moderator Christian Straßburger, was der Verein ihm denn bedeuten würde. Und Meyer reagiert wie es typischer für ihn nicht sein könnte. Wer ihm zuhört, der weiß, dass da einer spricht, der über den Tellerrand des Profigeschäftes hinausblicken kann und das in seiner Laufbahn auch immer getan hat.
»Fußball mit Abstand gesehen«
»Ich glaube, dass ich das vom Kopf her immer so eingeschätzt habe: Es ist eine schöne Sache, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Aber ich hatte immer im Hinterkopf, dass es eigentlich Wichtigeres gibt. Ich glaube, dass ich von der Anlage her diesen Fußball zum Glück immer mit ein bisschen Abstand gesehen habe. Das lässt einen den Druck, der ja unbestritten vorhanden ist, besser überstehen«, erklärt Meyer seine Ansichten. Wie immer spricht er frei aus der Seele hinaus, ist dabei offen, leidenschaftlich und packt immer noch eine gewisse Portion Selbstironie in seine Aussagen. Das ist einer der Gründe, weshalb er bei den Anhängern der Borussia und den Fußballfans in ganz Deutschland einen hohen Beliebtheitsstatus genießt.
Keine Tränen für den Fußball
Doch Meyer sieht einen riesigen Unterschied in der Verbundenheit, die die Fans zu ihrem Verein haben und den Emotionen, die bei Spielern, Trainern und Funktionären in Bezug auf den Klub vorhanden sind. »Manchmal habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob ich gefühlsmäßig intakt bin. Es gab keinen und wird auch keinen Moment im Fußball geben, in dem Hans Meyer wegen des Fußballs hätte weinen können«, schildert er. »Ich dachte immer: Ist das normal? Wenn ich den Fan sehe, der am Zaun hängt und Tränen vergießt, weil der Verein abgestiegen ist – so eine tiefe Bindung gibt es bei mir im Fußball nicht«, so Meyer.
»Aber das hat natürlich mit einer Sache zu tun, die die Fans jetzt vielleicht das erste Mal so richtig hören werden. Die Angestellten eines Klubs – und das war ich immer – und die Spieler eines Klubs, die zwischen einem Jahr und drei Jahren da sind und dann wieder gehen, haben in der Regel nicht diese Bindung. Es ist auch mal einer dabei wie der Uwe Kamps, der sich so wohlfühlt, dass er nicht geht. Aber das ist die Ausnahme«, verdeutlicht Meyer.
»Das kann man vergessen«
Spieler kommen, Spieler gehen. Beispiele wie Tony Jantschke und Patrick Herrmann, die es aus der eigenen Jugend zu den Profis schaffen und eine derartige Vereinstreue vorzuweisen haben, werden immer seltener. »Wie soll ich erwarten, dass einer wie Plea weiß, dass hier mal ein Pfosten umgefallen ist? Das ist nicht möglich. Er hat erstmal ganz andere Probleme, hier Fuß zu fassen und die Sprache zu lernen. Vielleicht wird er auch mit 35 Jahren noch hier spielen, aber die Fans begehen einen Fehler zu glauben, dass die Arbeitnehmer so wie sie selbst empfinden und den Klub erleben. Das kann man vergessen. Wenn man nicht ganz, ganz lange dabei ist und zusätzlich noch eine persönliche Bindung zu den Menschen, die hier arbeiten und zu Gruppen von Fans hat, dann sollte man dieses Verhältnis der Arbeitnehmer zu einem Traditionsklub nicht mit dem der Fans vergleichen.«
Hans Meyer trifft den Kern der Sache mit seinen Aussagen voll und ganz. Zwar gibt es gerade bei Borussia einige Spieler, die seit Jahren dabei sind, aber eben mindestens genauso viele, für die der Klub nur eine Durchgangsstation ist. Zum Schluss des ’Fohlenpodcast’ ist das Gesprächsthema ein ganz anderes, doch Meyers Worte bezeichnend für seinen Charakter. »Ich mache an meinem Computer das, was viele alte Leute wahrscheinlich auch machen. Ich organisiere mein Home-Banking, ich maile, lese die Süddeutsche Zeitung, den Kicker, aber wenn man eigentlich weiß, was mit einem Computer möglich ist, dann brauch der Hans Meyer eigentlich auch keinen, weil so viel ungenutzt und brach liegt. Aber ich bin auch nicht mehr gewillt, mich so damit zu beschäftigen.« Viel lieber nutzt Meyer seine Zeit mit seinen Kindern, den Enkeln »und hoffentlich bald auch Urenkeln«.