Dreierkette, Viererkette, Fünferkette – mittlerweile beherrschen die meisten Bundesligisten mehrere Systeme, die im Spiel fließend ineinander übergehen. Dieter Hecking gelang es zuletzt, seinen Trainerkollegen Julian Nagelsmann mit einer Dreierkette zu überraschen, setzte er zuvor doch bis auf den Gastauftritt in Frankfurt auf die gewohnte Viererkette.
Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel bei Mainz 05 sprach Hecking über die Flexibilität und Möglichkeit der Spielsysteme. Vor zwei Wochen erntete die Borussia sogar Lob vom gegnerischen Trainer, denn Nagelsmann gab zu, dass er die Borussia in diesem System nicht erwartet hatte. Die Rede war von einer Grundordnung im 3-4-1-2 in der Offensive und einem 5-1-3-1 in der Defensive. »Ich habe nach dem Spiel gegen Hoffenheim schon gesagt, dass die Dreierkette hier lange verpönt war und jetzt soll sie der Heilsbringer sein?«, fragte Dieter Hecking am Freitagmittag schmunzelnd.
»Wendt als Schlüssel für das System«
Abhängig ist seine Entscheidung bezüglich der Taktik nicht nur vom Gegner, sondern auch davon, wer ihm von seinen Spielern zur Verfügung steht. Entscheidend ist dabei vor allem die Personalie Oscar Wendt, der lange ausfiel und gegen Hoffenheim zeigte, dass er die Balance für das „Laufspiel“ auf der linken Seite besitzt. »Gegen Hoffenheim war es erstmals möglich wieder über eine Dreierkette nachzudenken, weil mit Oscar Wendt einer zurückgekommen ist, der dafür prädestiniert ist in diesem System zu spielen«, begründete Hecking den Systemwechsel. Mickael Cuisance, Jonas Hofmann und Lars Stindl gaben aus dem Zentrum die entscheidenden Impulse. Auf ungewohnter Position war Hofmann zwar derjenige, der sich defensiv zwei Patzer leistete, die zu Gegentoren führten, aber von hinten heraus war er an fast allen Angriffen beteiligt und bereitete einen Treffer vor.
Die Spieler auf mehreren Positionen in einem Spiel zu fordern, variabel auf die taktischen Kniffe des Gegners zu reagieren, unberechenbarer zu werden – das steckt hinter Heckings Überlegungen. »Das erweitert mein Spektrum und macht es auch nicht einfach für den Gegner, wie wir auszurechnen sind. Dass das im Moment häufiger Trainingsinhalt ist, ist natürlich auch ein Grund, warum wir mal nicht öffentlich trainieren, weil ich es in der Zeitung eigentlich nicht lesen will. Wir müssen es natürlich weiter trainieren. Welche Rückschlüsse es für Sonntag gibt und ob wir dann wirklich Dreierkette spielen, wird man dann sehen«, kündigte Hecking an.
Zakaria wieder im Mannschaftstraining
Wer letztlich die Reise mit nach Mainz antritt, entscheidet sich erst nach dem Abschlusstraining am Samstag. Zum ersten Mal nach seinem Muskelfaserriss hat Denis Zakaria heute wieder mit der Mannschaft trainiert. Über die verbesserte Personalsituation freut sich der Chefcoach der Fohlenelf natürlich: »Dass sich die personelle Situation nun entspannt hat, ist gut. Nichtsdestotrotz weiß ich, dass die Spieler zum Teil aus langen Verletzungspausen kommen und wohlmöglich noch nicht wieder bei 100 Prozent sind.«
Gegen Berlin alle wieder an Bord
Da gilt es ganz genau abzuwägen, wer nach einer längeren Abwesenheit welche Belastung verkraften kann. Wie unterschiedlich da die Bewertungen ausfallen, zeigt das Beispiel von Wendt, der bei seinem Comeback nach Absprache direkt 80 Minuten durchpowern konnte, während Raffael dem Trainer signalisierte, dass es bei ihm nur für etwa 20 Minuten reichen würde. Doch bald soll Schluss mit solchen Spielchen sein, denn Hecking hofft, dass in der nächsten Wochen endgültig alle, die jetzt noch im Trainingsrückstand sind, ernsthafte Alternativen sind. »Man muss in der Bewertung Fingerspitzengefühl beweisen und überlegen, bei wem es Sinn macht, ihn mitzunehmen und auf die Bank zu setzen. Es sieht so aus, dass mir spätestens zum Spiel gegen Berlin alle Spieler, die jetzt langfristig ausgefallen sind, wieder zur Verfügung stehen. Das erweitert meinen Spielraum, was die Aufstellung angeht, und fördert die Konkurrenzsituation.«