Vierter Bundesliga-Sieg in Folge und neuer Spitzenreiter: Das Grinsen rund um den Borussia-Park hätte gestern nicht breiter sein können. Selbstverständlich kann und darf man den Anblick auf die Tabelle genießen, doch alle wussten die Konstellation auch richtig einzuschätzen.
Schon vor dem Spiel wurde Marco Rose in einem TV-Interview auf die mögliche Tabellenführung angesprochen. Doch Borussias Trainer mahnte zur Ruhe und betonte, dass er den ersten Platz nicht überbewerten würde. Nach dem überzeugenden Auftritt gegen den FC Augsburg blieb Rose bei seiner Meinung: »Man sollte die Dinge richtig einordnen, denn wir sprechen hier immer noch von einem Prozess. Wir hatten einen richtig guten Tag, aber ich möchte das nicht überbewerten.«
Dennoch hat seine Mannschaft gestern »zwei Schritte nach vorne gemacht«. Das lag vor allem an der eindrucksvollen Anfangsphase. Der ein oder andere Zuschauer im gut besuchten Borussia-Park dürfte sich nach dem Auftritt in der Europa League etwas verwundert die Augen gerieben haben. »Wir waren sehr aktiv und machen aus drei Torchancen drei Tore«, freute sich Max Eberl über die Chancenverwertung.
Der Motor lief
Die ersten beiden Tore waren nahezu identisch: Gegenpressing, schneller Pass auf die Außenbahn, Lauf zur Grundlinie, Hereingabe in den Sechzehner und Tor. »Heute haben wir viele Vorgaben umgesetzt und haben vor allem über die Außenbahn viel Druck gemacht. Unsere Sechser und Achter haben dann auch sehr gut nach vorne geschoben«, nannte Tony Jantschke den Schlüssel zum Erfolg.
Letztlich half dann sogar auch noch der Gegner in Form einer Slapstick-einlage mit. »All unsere physischen Werte haben sich seit Tag eins verändert. Wenn wir das dann wie beim 4:0 umsetzen können und der Torwart so unsicher wird, dann nehmen das auch alle wahr«, sprach Eberl den Treffer von Alassane Pléa an. Pressing zahlt sich also aus, denn die Handschrift von Rose war gestern ab der ersten Minute zu erkennen.
»Nach den ganzen Reisen ist es wichtig, gut ins Spiel zu kommen. Wenn der Motor dann ein mal an ist, ist er an. Dass es so gut klappt konnte keiner ahnen, es gehört auch immer etwas Spielglück dazu«, fand Christoph Kramer nach dem Spiel. Im Gegensatz zu vielen anderen Auftritten, kam gegen die Fuggerstädter auch die nötige Ruhe und Zielstrebigkeit im Spiel nach vorne dazu. »Heute haben wir es mit viel Ruhe gespielt. Ruhe heißt nicht, dass wir langsam waren. Vielmehr haben wir kontrolliert von A nach B gespielt, ohne dabei den Ball zu verlieren«.
Matchwinner Patrick Herrmann
Wenn man sich das 3:0 anschaut, dann weiß man, was Kramer meint: Patrick Herrmann und Alassane Pléa hebelten mit einem Doppelpass mal eben die komplette Hintermannschaft des FCA aus, Herrmann vollstreckte zum dritten Tor am Sonntag. Überhaupt war es für den Ur-Borussen »ein richtig schöner Tag« mit zwei Treffern und einer Vorlage. Auch der 28-Jährige fand, dass in der ersten Hälfte »sehr viel umgesetzt und hoch gepresst« wurde. Zudem gab es viele Läufe in die Tiefe, weshalb die notwendigen Anspielstationen vorhanden waren.
Verletzungen trüben das Bild
Einen Wehrmutstropfen gab es dann gestern aber dennoch: Alassane Pléa, Stefan Lainer und Matthias Ginter mussten vorzeitig den Platz verlassen. »Wenn die drei rausgehen, so gut kenne ich sie mittlerweile, müssen wir damit rechnen, dass uns das ein paar Tage beschäftigen wird«, rechnete Marco Rose schon mit dem schlimmsten. Aufklärung über die genaue Verletzung und die Ausfalldauer soll ein MRT-Termin am heutigen Montag ergeben.
Lainer und Ginter verletzten sich jeweils nach Zweikämpfen, die einem Konter Voraus gingen. »Am Ende waren wir zu nachlässig und haben ein paar unnötige Konter gefangen, da haben wir uns dämlich angestellt. Diese Sprints nach hinten haben weh getan«, meinte Tony Jantschke nach dem Spiel zu den Situationen. Weh getan haben sich seine beiden Abwehrkollegen definitiv: Lainer knickte mit dem Sprunggelenk um, Ginter kugelte sich die Schulter aus.
Seit acht Jahren wieder Tabellenführer
Doch am Ende freuten sich erst mal alle über die erste Tabellenführung seit dem 3. Spieltag in der Saison 2011/ 12. Zu so einem späten Zeitpunkt war Borussia Mönchengladbach übrigens zuletzt vor 34 Jahren Spitzenreiter. »Ich bin schon lange hier im Verein, aber war noch nie Tabellenführer. Ich gucke mir deshalb die Tabelle jetzt etwas häufiger an«, sprach Christoph Kramer seine Freizeitbeschäftigung in der Länderspielpause an.
Auch Max Eberl konnte Rang eins in der Bundesliga etwas positives abgewinnen: »Wir haben 16 Punkte, das freut mich am meisten. Dass wir nun Erster sind ist ein wunderbares Bild, diesen Rückenwind nehmen wir auch gerne mit. Vor allem die Art und Weise wie wir heute gespielt haben war sehr stark.« Rückenwind, den die Mannschaft für die nächsten Spiele sehr gut gebrauchen kann.
Auf die Mannschaft warten nun richtige »Tests«
Denn nach der Länderspielpause kommen laut dem Sportdirektor richtige »Tests« auf die Fohlen zu. Mit Dortmund, Frankfurt, Wolfsburg und Rom warten sehr starke Gegner auf Marco Rose und seine Mannschaft. »In diesen Spielen müssen wir uns messen lassen. Dann sehen wir, wie weit wir wirklich sind«, blickte Eberl Voraus.
Bis dahin dürfen alle Beteiligten die Tabellenführung in der Bundesliga genießen. Und auch wenn Tony Jantschke diesem Platz nicht so viel abgewinnen kann, hatte er nach dem Spiel noch einen Tipp für alle Zuschauer im Borussia-Park: »Als Fan würde ich mir jetzt auch ein Bierchen schnappen. Oder vielleicht auch fünf, für jedes Tor eins.«