
Von 1993 bis 1999 spielte Patrik Andersson bei Borussia Mönchengladbach und hatte maßgeblichen Anteil an den damaligen Erfolgen wie den DFB-Pokalsieg 1995. 199 Pflichtspiele absolvierte der Schwede und wird mit dem Klub immer verbunden bleiben. Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht der heute 48-Jährige unter anderem über die Borussia von damals und heute und über seine ehemaligen Mitspieler Max Eberl und Alexander Zickler.
Fohlen-Hautnah: Patrik, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für uns nimmst. Zunächst die Frage, wie geht es Dir?
Patrik Andersson: Meiner Familie und mir geht es sehr gut. Wir sind gesund, das ist das Wichtigste.
Fohlen-Hautnah: Im Moment ist nahezu die ganze Welt vom Corona-Virus betroffen und man ist eingeschränkt. Wie ist das in Schweden und wie gestaltest Du aktuell deinen Alltag?
Patrik Andersson: Wir haben zwar keine Quarantäne, aber wie auch ich arbeiten die meisten Schweden seit zehn Wochen im Homeoffice. Die weiterführenden Schulen waren zu, die Grundschulen aber auf.
Fohlen-Hautnah: Was machst Du beruflich? Es heißt, Du wohnst in Stockholm und arbeitest in der Immobilien-Branche…
Patrik Andersson: Genau. Ich arbeite seit drei Jahren für das Bau- und Immobilienunternehmen ‚Serneke Sweden AB‘. Das Unternehmen zählt zu den größten des Landes. Ich bin dort als Geschäftsentwickler tätig und kümmere mich um Finanzen. Zudem ist es meine Aufgabe, den Markt zu beobachten und festzustellen, ob es für das Unternehmen neue Werte gibt.
Fohlen-Hautnah: Kommen wir mal zum Fußball und der Borussia. Insgesamt warst Du sechs Jahre bei Borussia. Wie war diese Zeit damals? Immerhin war es erst Deine zweite Station im Ausland.
Patrik Andersson: Bei Borussia hat meine Entwicklung erst so richtig begonnen und meine Karriere hat fahrt aufgenommen. Ich hatte eine sehr gute Umgebung und wir hatten bei Borussia eine richtig gute Mannschaft. Wir konnten jeden Gegner schlagen. Bis zum Bosman-Urteil konnten wir als Verein an sich mithalten, aber danach war es schwer für uns, sich gegen finanzkräftigere Klubs durchzusetzen. Auch der Bökelberg war aus wirtschaftlicher Sicht zu klein. Deshalb glaube ich, hat man dann den Borussia-Park gebaut, um höhere und zusätzliche Einnahmen generieren zu können.
Fohlen-Hautnah: Dein erster Titel war der DFB-Pokalgewinn 1995. Wie hat sich das damals angefühlt?
Patrik Andersson: Wir hatten einfach eine super Truppe. Wir haben super Fußball gespielt und konnten jeden Gegner schlagen. Gerade in unserem Bökelberg-Stadion war es schwer, uns zu schlagen. Der Pokalsieg war einfach das Produkt unserer Mannschaftsstärke und total verdient.
Fohlen-Hautnah: In deiner ersten Saison bei Borussia wurdest Du direkt Stammspieler und wurdest anschließend mit Schweden bei der WM Dritter. War das zu erwarten?
Patrik Andersson: Das war ein absolut tolles Erlebnis. Ich bin mit 20 Jahren Nationalspieler geworden, wir haben 1992 in Schweden eine super Europameisterschaft gespielt. Leider haben wir im Halbfinale gegen Deutschland verloren. Wir wussten, was für eine Qualität in unserer Mannschaft steckt und dass wir jeden schlagen können. Alle Spieler haben in großen Klubs in Europa tragende Rollen gehabt. Natürlich gehört auch ein bisschen Glück dazu, aber bei der WM 1994 haben wir unsere Klasse unter Beweis gestellt und ein starkes Turnier gespielt.
Fohlen-Hautnah: Du wurdest in die Jahrhundertelf von Borussia gewählt und schmückst mit deinem Foto auch den Borussia-Park. Was bedeutet Dir das?
Patrik Andersson: Das ist für mich eine sehr große Ehre. Ich hatte immer ein sehr gutes Verhältnis zu den Fans. Ich bin sehr stolz darauf, in dieser Elf vertreten zu sein. Vor allem, wenn man auch die anderen ‚großen‘ Spieler sieht, die da vertreten sind.
Fohlen-Hautnah: Was bedeutet Dir Borussia heutzutage noch? Immerhin nahm Deine Karriere hier so richtig Fahrt auf.
Patrik Andersson: Ich habe mich bei Borussia immer sehr wohl gefühlt. In Mönchengladbach hat meine Karriere so richtig begonnen. Ich haben an den Verein und die Fans nur schöne und gute Erinnerungen, die ich nie vergessen werde.
Fohlen-Hautnah: Was war das schönste Spiel, dass Du im Trikot von Borussia hattest?
Patrik Andersson: Das war der 2:1-Sieg 1995 beim FC Bayern München. Es war damals der erste Sieg in München nach dem Bundesligaaufstieg 1964/65. Da haben wir eigentlich ohne Stürmer gespielt. Ich weiß noch, dass Stefan Effenberg und Michael Sternkopf vorne gespielt haben. Das war ein tolles Spiel.
Fohlen-Hautnah: Wie oft bist du noch im Borussia-Park und inwiefern verfolgst Du den Weg von Borussia?
Patrik Andersson: Ich versuche täglich, mich über die deutschen Medien über die Borussia zu informieren. Ich werde auch am Samstag vor dem Fernseher sitzen und der Borussia in Frankfurt die Daumen drücken. Im Borussia-Park war ich zuletzt im November 2017, als Borussia 2:1 gegen Bayern München gewonnen hat.
Fohlen-Hautnah: Mit Alex Zickler ist einer Deiner früheren Kollegen Co-Trainer von Marco Rose. Was denkst Du, welchen Anteil er am derzeitigen Erfolg und was kann er einem Team mitgeben?
Patrik Andersson: Alex ist ein klasse Mensch und war ein großartiger Fußballer. Vor allem kann er den Jungs mit auf den Weg geben, wie man sich in schwierigen Situation und in großen Spielen verhalten sollte. Da hat er einfach eine große Erfahrung.
Fohlen-Hautnah: Ein weiterer ehemaliger Kollege, Max Eberl, ist seit vielen Jahren Sportdirektor bei Borussia. Wie siehst du seine Arbeit von außen?
Patrik Andersson: Max macht Jahr für Jahr tolle Arbeit. Max hat eine gute Mannschaft zusammengestellt, die konkurrenzfähig ist und die Erfolg hat. Borussia ist dafür bekannt, Spieler weiterzuentwickeln und dann auch für gutes Geld weiterzuverkaufen. Daran hat auch Max einen großen Anteil, weil er eben auch Spieler holt, die sich dann bei Borussia weiterentwickeln und mit zum Erfolg beitragen. Und dann schafft es Max immer wieder, die entstandenen Lücken zu füllen. Das ist schon top.
Fohlen-Hautnah: Wenn Du Max Eberl einen jungen, aufstrebenden, talentierten Schweden empfehlen könntest – wen würdest Du da nennen?
Patrik Andersson: Da würde ich Alexander Isak nennen, der bei Borussia Dortmund gespielt hat und jetzt bei Real Sociedad in Spanien spielt. Er ist noch sehr jung, aber ein großes Talent in Schweden.
Fohlen-Hautnah: Apropos Fußball. Glaubst du, dass sich der Fußball gerade auch auf dem Transfermarkt durch die Corona-Krise verändert?
Patrik Andersson: Heute brauchst du Kontinuität und Erfolg, um eine gute Mannschaft zu entwicklen. Der Transfermarkt muss sich verändern. Wenn man sieht, wie es heute aussiehst dann finde ich, dass das so nicht mehr haltbar ist. Diese hohen Ablösesummen und Spielergehälter sind so nicht mehr haltbar.
Fohlen-Hautnah: Wie bewertest du die Entwicklung von Borussia in den letzten Jahren und was traust Du ihr in dieser Spielzeit noch zu?
Patrik Andersson: Man hat vor allem durch den Borussia-Park und dem Drumherum die Möglichkeit, eine gute Mannschaft aufzubauen und zu entwicklen. Der Kader hat große Qualität und viele Möglichkeiten. Die Mannschaft hat sich oben festgesetzt. Hoffentlich reicht es am Ende für einen Platz in der Champions League. Dahingehend sieht’s ja gut aus. Aber ich glaube, dass Borussia in der kommenden Spielzeit auf jeden Fall international vertreten sein wird.