Kevin Stöger: »Ich hoffe, dass ich hier in Gladbach noch lange spielen kann«

Neuzugang Kevin Stöger wurde sofort eine wichtige Säule der Fohlenelf. Foto: Dirk Päffgen.

Zur neuen Saison kam Kevin Stöger vom VfL Bochum zu Borussia Mönchengladbach. Und der 31-Jährige zeigt von Beginn an, warum man ihn zu den Fohlen geholt hat. Wir haben uns mit ihm getroffen und unter anderem über seinen Wechsel zur Borussia, Traditionsklubs als solche, Gerardo Seoane und seine Zukunftsplanung unterhalten.

Fohlen-Hautnah: Kevin, ihr habt zum Saisonstart zwei Heimniederlagen und einen Sieg bei deinem Ex-Club VfL Bochum hingelegt. Wie lautet dein Fazit zu den ersten Spielen?

Kevin Stöger: Wir wollen grundsätzlich unbedingt zuhause punkten und dort wieder eine Macht werden. Aber wenn du gegen den Meister und danach den Vizemeister spielst, muss man ehrlich sagen: Diese beiden Mannschaften sind verdammt gut. Das muss man anerkennen. Ich finde aber, dass wir beide Spiele nicht hätten verlieren müssen. Und vor allem gegen Leverkusen lag es nicht nur an uns. Da hat auch jemand anderes uns noch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Gegen Stuttgart haben wir dann eine gute erste Halbzeit gespielt und in der zweiten Halbzeit bei den Gegentoren die wichtigen Entscheidungen falsch getroffen. Es gibt aber keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Wir machen weiter und werden unsere Punkte holen.

Fohlen-Hautnah: Wie ist der Charakter in der Mannschaft? Kann man sagen, dass sich das Team jetzt über die ersten Wochen der Vorbereitung und dem Saisonstart gefunden hat?

Kevin Stöger: In der Kabine stimmt die Stimmung. Wir schwören uns vor jedem Spiel ein, dass wir füreinander alles tun. Dass nicht immer alles klappt, ist auch logisch, dafür ist Fußball zu unberechenbar. Wir spüren aber, dass man uns vertraut und dass es Spaß macht, uns zuzuschauen. Wir wollen einiges zurückgeben und uns auch intern beweisen, dass wir eine tolle Truppe sind.

Fohlen-Hautnah: Wenn wir richtig gezählt haben, ist Gerado Seoane der 28. Trainer, unter dem du deine Schuhe schnürst. Das ist eine ganze Menge, schließlich hat jeder Trainer seine Vorstellungen. Welcher Trainer, würdest du sagen, hat dich am meisten weitergebracht?

Kevin Stöger: Es gibt viele unterschiedliche Trainer. Es ist schon erstaunlich, welche Systeme, Aufstellungen oder Taktiken jeder so hat. Auch menschlich gibt es verschiedene Typen. Gerardo Seoane ist sehr ehrgeizig und will immer das Beste aus uns herausholen. Er wirkt manchmal vielleicht ein bisschen ernst, was aber im Endeffekt auch gut ist. Er sieht unsere Qualität und will das Optimum aus uns herauskitzeln. Wenn ich auf meine Laufbahn zurückblicke, war Friedhelm Funkel in Düsseldorf ein sehr wichtiger Trainer für mich. Zuletzt auch Thomas Letsch in Bochum. Das sind zwei super Trainer, mit denen ich sehr gerne zusammengearbeitet habe und von denen ich viel halte. Aber es gibt viele Trainer, von denen ich etwas Positives mitnehmen konnte.

Fohlen-Hautnah: Was zeichnet speziell Gerardo Seoane aus?

Kevin Stöger: Wie er Fußball spielen will, ist etwas Besonderes. Er bevorzugt einen schönen und attraktiven Fußball.Er will die Dinge vor allem spielerisch lösen, allerdings können wir mit Tim Kleindienst vorne drin natürlich auch mal den langen Ball spielen. 

Fohlen-Hautnah: Jetzt hast du diese Trainer alle bei Traditionsklubs kennengelernt: Du warst beim 1. FC Kaiserslautern, Fortuna Düsseldorf und zuletzt in Bochum. Auch Vereine wie der SC Paderborn und Mainz 05 sind Teil deiner Karriere. Welche Unterschiede zu Borussia konntest du feststellen?

Kevin Stöger: Allein die Größe macht einen Unterschied, vor allem auch die Wucht. Es ist so wichtig, dass uns viele Fans auch auswärts unterstützen. Ob in Aue oder in Bochum – es ist fantastisch, dass uns immer viele Fans unterstützen. Das brauchen wir auch. Ich sehe es als wichtig an, dass wir uns das zuspielen: Wenn es bei uns mal nicht so gut läuft, kommen die Fans. Und wenn wir merken, dass wir die Fans mitnehmen können, dann sollten wir das auch tun.

Fohlen-Hautnah: Die Fans sind ein gutes Stichwort. Obwohl du erst seit einigen Wochen dabei bist, zählst du in fast jeder Umfrage zu den Kandidaten für die „Spieler des Spiels“ Abstimmung. Hättest du damit gerechnet, dass du dich so schnell zum Fanliebling entwickelst?

Kevin Stöger: Es freut mich natürlich. Es ist immer schön, wenn man die Anerkennung der Fans bekommt. Aber für mich ist es wichtiger, mit der Mannschaft erfolgreich zu sein und meine Leistung einzubringen. Ich bin ein Typ, der den Ball haben möchte, und versuche dann, mit dem Ball etwas zu machen und zu glänzen. Das kommt gut an, damit bin ich vielleicht auch ein etwas auffälligerer Spieler als andere. Ich bin dazu aber auch sehr ehrgeizig und bin mir für keinen Meter zu schade. Vor allem hier, zuhause, vor so einem Publikum zu spielen, macht extrem viel Spaß. Zum Spaß gehört auch der Erfolg. Und den will ich definitiv haben.

Fohlen-Hautnah: Deine guten Leistungen sind aber nicht ‚nur‘ in Mönchengladbach aufgefallen. Schließlich wurdest du zuletzt in den Kader des ÖFB-Teams berufen, das erste Mal seit 2019. Wie war die Länderspielreise für dich? Warst du bei Ralf Rangnick schon zu Bochumer Zeiten auf dem Zettel oder gab es jetzt durch den Wechsel eine andere Aufmerksamkeit?

Kevin Stöger: Es gab vorher keinen Kontakt zu Ralf Rangnick. Einen Tag vor der offiziellen Einberufung hat er mich angerufen, da gab es den ersten Kontakt. Das hat mich natürlich gefreut. Für mein Land zu spielen, davon habe ich immer geträumt. Auch, dass ich zweimal eingewechselt worden bin, war natürlich schön. Für mich war es etwas sehr Besonderes und ich bin darauf extrem stolz.

Fohlen-Hautnah: Wie muss man sich so einen Anruf vorstellen?

Kevin Stöger: Ich hatte gerade meine Tochter hingelegt. Dann habe ich gemerkt, dass mich eine österreichische Nummer anruft. Ich bin drangegangen und habe im ersten Moment nicht daran gedacht, dass er es sein könnte. Aber an der Stimme erkennt man ihn sofort. Wir haben ein bisschen gesprochen. Es war ganz entspannt. Dann wusste ich, dass ich dabei bin.

Fohlen-Hautnah: Wenn man so viel unterwegs ist, ist man sicher auch mal froh, wenn man etwas Freizeit hat. Wie sieht ein Tag bei dir aus, wenn du nicht gerade auf dem Fußballplatz stehst?

Kevin Stöger: Ich bin ein Mensch, der viel Zeit mit Familie und Freunden verbringen möchte. Ich muss nicht unbedingt groß unterwegs sein. Ich bin gerne zuhause, grille oder mache einen Spieleabend. Einfach die Zeit genießen und entspannen – das ist für mich das Schönste.

Fohlen-Hautnah: Ein Teil deiner Familie lebt in Österreich, dort kommen gerade starke Regenfälle herunter, die mit Überschwemmungen einhergehen. Wie sehr beschäftigt dich das und hast du Freunde oder Familie, die betroffen sind und Hilfe benötigen?

Kevin Stöger: Das sind natürlich schlimme Bilder, die einen erreichen, auch ich bekomme natürlich Videos und Fotos zugeschickt.  Bei uns geht das mit dem Hochwasser relativ schnell, da wir zwei Flüsse haben, die ineinanderfließen. Dann steigt das Wasser schnell an. Meine Familie wohnt aber etwas außerhalb und ist nicht betroffen.  

Fohlen-Hautnah: Beim Stichwort Heimat denken viele an ihr Karriereende. Du hast Vertrag bis 2027, dann wirst du 34 Jahre alt. Ist es dein Ziel, sesshaft zu werden und sogar noch mal zu verlängern? Oder könntest du dir noch eine weitere Herausforderung vorstellen, beispielsweise in die Major League Soccer in den USA?

Kevin Stöger: Da ich schon ein gewisses Alter habe, war das diesen Sommer ein Thema für mich. Nach den zwei Jahren in Bochum habe ich mir gesagt, ich bin hier in Deutschland noch nicht fertig. Ich will noch einmal etwas zeigen und zu einem tollen Verein gehen, um mir selbst noch einmal etwas zu beweisen. Ich habe hier einen längeren Vertrag unterschrieben und habe extrem viel Lust. Ich hoffe, dass ich hier in Gladbach noch lange spielen kann.

Fohlen-Hautnah: Nach dem Blick in die Zukunft jetzt ein Blick in die Vergangenheit: Würdest du heute noch alles genauso in deiner Karriere machen? Also bist du zufrieden, wie sich deine Karriere entwickelt hat? Oder gab es Ereignisse, die du nicht mehr erleben möchtest?

Kevin Stöger: Ich würde nicht alles genauso noch einmal machen. Einige Dinge schon. Ich bin mit 13 von meiner Familie ins Internat zu meinem Bruder gezogen und mit 16 nach Stuttgart. Das war ein harter Schritt für mich, den ich aber immer wieder machen würde, weil ich den Traum hatte, in der Bundesliga zu spielen. Es gibt den einen oder anderen Wechsel, den ich nicht mehr machen würde, weil es da für mich persönlich nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt hatte. Trotzdem bin ich stolz auf den Weg, den ich gegangen bin, weil ich mir das selbst hart erarbeitet habe.

Fohlen-Hautnah: Vor dem Hintergrund deiner Karriere: Was würdest du jungen Spielern heute mit auf den Weg geben und Ihnen raten, um Profi-Fußballer zu werden? Schließlich werden die Jungs in den NLZ’s in allen Bereichen mehr gefördert, als das noch zu deiner Zeit der Fall war.

Kevin Stöger: Man muss schon sagen, dass sich die Dinge in den vergangenen Jahren verändert haben. Als ich damals als junger Spieler in Stuttgart war, habe ich bei den Profis mittrainiert und war froh, überhaupt dabei sein zu dürfen. Weiter war ich froh, ein bis zwei Mal im Kader zu stehen – das war für mich das Größte. Heute sind junge Spieler früher nah dran an der Profimannschaft. Da ist es wichtig, dass sie Demut haben und wissen, dass ihre Zeit noch kommen kann, aber dass sie auch etwas dafür tun müssen. Man darf nicht denken, dass eine Saisonvorbereitung mit den Profis reicht oder dass eine gute Aktion im Training alles ist. Es gehört viel mehr dazu, wie Konstanz und vor allem die Fähigkeit, sich wenige Fehler zu erlauben. Junge Spieler können viel von den älteren lernen, sollten gut zuhören und den ein oder anderen Ratschlag annehmen.  

Fohlen-Hautnah: Durch Social Media haben ja nicht wenige Jugendspieler schon eine gewisse Reichweite, bevor sie im Profi-Bereich debütierten. Auch gestandene Profis nutzen beispielsweise Instagram, um sich mit den Fans auszutauschen und präsent zu sein. Du bist dort schließlich auch aktiv. Wie wichtig ist es dir, deine Fans bei Instagram abzuholen und was zeigst du ihnen dort?

Kevin Stöger: Privat gebe ich nicht viel preis. Ich versuche, vor und nach dem Spiel ein bisschen Kontakt mit den Fans zu halten. Leider kann ich nicht jedem antworten, aber ich versuche, in Verbindung zu bleiben. Das ist wichtig und gehört dazu.

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