Mit seinem Treffer in der Nachspielzeit rettete Patrick Herrmann Borussia Mönchengladbach einen Punkt und hält die Fohlen in der Europa League am Leben. Nach der Partie zeigten sich die Akteure einsichtig und vor allem selbstkritisch nach der schwachen Leistung in der zweiten Halbzeit.
Die Vorfreude über die erste Europa-Reise nach über zwei Jahren war bei allen Beteiligten groß. Für die Fans von Borussia Mönchengladbach entwickelte sich der Abend bei Başakşehir FK Istanbul schon vor dem Anpfiff zu einem Alptraum. Anreise mit Bussen, kaputte Drehkreuze und Ärger mit der Polizei beim Einlass. Bei der ersten großen Chance für die Gastgeber waren viele Anhänger der Fohlen noch vor dem Stadion.
Statistik spricht für Borussia
Im Gegensatz zur Abwehr war Yann Sommer direkt hellwach und verhinderte eine frühe Führung für Başakşehir. Nach dem Wachmacher fing sich die Elf von Marco Rose aber sehr schnell und gestaltete die ersten zwanzig Minuten sehr offen und hatte vor allem mehr Ballbesitz als die Hausherren. »In der ersten Halbzeit haben wir gut gespielt und zwei oder drei Möglichkeiten auf den Führungstreffer gehabt. Defensiv haben wir aber auch Chancen zugelassen«, fasste Kapitän Sommer auf Borussia.de den ersten Abschnitt zusammen.
Auch die Statistik bestätigt seine Aussage: 57% Ballbesitz und sieben Torschüsse konnten sich die Fohlen erarbeiten. Doch so richtig gefährlich wurde es leider nicht, es fehlte wie so oft die letzte Durchschlagskraft. Nach der Pause änderte sich das Bild aber schlagartig, das lag auch am Führungstreffer der Istanbuler.
Keine Ideen in der zweiten Halbzeit
Der türkische Vizemeister nutzte eine Unachtsamkeit von Oscar Wendt zum schnellen umschalten und verwandelte eiskalt zum 1:0. Wer danach eine Reaktion von Borussia erwartet hat, wurde bitter enttäuscht. Die Elf von Marco Rose fand gegen die dicht stehende Abwehrkette der Istanbuler keine Lösungen. »Wir haben keine Räume gefunden, haben zu wenig Ruhe am Ball gehabt und viele Fehler gemacht. Im Europapokal reicht so eine Leistung nicht«, monierte Sommer nach der Partie.
Zwischenzeitlich wirkte Borussia sehr ideenlos und hatte im Spielaufbau keine Idee, suchte immer wieder den Rückpass zu Yann Sommer. Auch die Laufbereitschaft ließen die Gäste vom Niederrhein vermissen, ob es an fehlender Frische liegt? Denn sobald die Hausherren mit Tempo auf die Abwehrkette von Borussia aufliefen, bekam die Hintermannschaft von Marco Rose große Probleme. »Das Tor kam Istanbul natürlich sehr entgegen, sie standen hinten sehr gut und haben ihr Konterspiel und über die Außenbahn sehr gut durchziehen können«, stellte Patrick Herrmann nachher bei Fohlen.TV fest.
Wie schon mit der Einwechslung von Marcus Thuram gegen Düsseldorf bewies Marco Rose auch gestern wieder ein glückliches Händchen bei seinen Spielern die von der Bank kamen. Die eingewechselten Raffael, Bensebaini und letztlich Herrmann waren alle am Ausgleich beteiligt. »Das Tor fühlt sich gut an. Am Ende kann das ein ganz wichtiger Punkt sein, aber vor allem für die Moral war der späte Ausgleich sehr wichtig«, meinte „Flaco“.
Kramer wird deutlich
Positiv anzumerken ist, dass die Verantwortlichen nach der schwachen Leistung in der Türkei sehr selbstkritisch waren und den Auftritt keinesfalls beschönigten. Vor allem Christoph Kramer fand nach dem Abpfiff sehr deutliche Worte: »Das darf kein Spiel auf Augenhöhe sein. Wir haben gegen keinen übermächtigen Gegner gespielt. Wir hatten keine klare Linie in unserem Spiel und haben nichts von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten. Die Struktur und klare Angriffe haben gefehlt.«
Einzig Patrick Herrmann ist es zu verdanken, dass Borussia nach zwei desolaten Auftritten in der Europa League nicht schon völlig mit dem Rücken zur Wand steht. »Wir haben gegen zwei Gegner in der Europa League gespielt, die wir schlagen müssen«, stellte Kramer richtig fest. In beiden Spielen haben er und seine Kollegen »nicht das auf den Platz gebracht, was wir in der Bundesliga auf den Platz bringen«.
Aufgaben in Europa werden nicht leichter
Als nächster Gegner wartet nun der AS Rom, die am gestrigen Abend glücklicherweise nur einen Punkt in Wolfsberg holten. Das Aufeinandertreffen in drei Wochen wird also ein sechs Punkte Spiel werden. »Der Punkt heute war wichtig für uns. Jetzt müssen wir uns wieder sammeln und dann werden wir über die Dinge reden, die wir besser machen wollen. Wir müssen dranbleiben. Es gibt immer Dinge, die wir weiter entwickeln können, wie die Konsequenz und das Zweikampfverhalten«, blickte Marco Rose schon wieder Voraus.
Zwar spricht er auch von »zwei Highlight-Spielen« gegen die Römer, doch fraglich bleibt weiterhin, wieso sich Borussia im Gegensatz zur Bundesliga auf europäischem Parkett so schwer tut…