Mirko Sandmöller: »Talentgewinnung? Das ist ein sehr persönlicher Prozess«

Mirko Sandmöller ist Borussias Nachwuchs-Chef. Foto: Marc Schöne, Fohlen-Hautnah.de

Bei Borussia Mönchengladbach ist Mirko Sandmöller verantwortlich für den Nachwuchs. Seit nunmehr 39 Monaten ist der 42-Jährige bei den Fohlen der Direktor des Nachwuchs-Leistungszentrums (NLZ). Im Interview mit unserer Redaktion spricht Sandmöller unter anderem über seine bisherige Zeit bei den Fohlen,, Charles Herrmann, den jüngsten Erfolg der U17 und die Talent-Gewinnung.

Fohlen-Hautnah: Herr Sandmöller, kommen wir zunächst einmal zur Aktualität. Die U17 ist erstmals nach 44 Jahren wieder Deutscher Meister geworden. Auch wenn Sie die Durchlässigkeit nach oben immer vorziehen würden: Was bedeutet ihnen und vor allem dem Klub dieser tolle Titel und was öffnet er vielleicht auch für Türen in Bezug auf Verpflichtungen von neuen Talenten?

Mirko Sandmöller: Wenn ich mich entscheiden müsste, eine Deutsche Meisterschaft zu gewinnen oder Spieler für die eigene Profimannschaft zu entwickeln, dann würde ich immer Letzteres wählen. Das ist auf lange Sicht entscheidender. Aber: Dieser Titel ist natürlich dennoch ein Riesenerfolg – für das Nachwuchsleistungszentrum und den gesamten Verein. Die Resonanz, die wir seit dem Finalsieg der U17 erhalten, zeigt, dass Titel natürlich auch helfen, sie motivieren die Mitarbeiter, geben Energie. Was an diesem Titel besonders schön ist: Viele der Spieler sind bereits in sehr jungen Altersklassen, in der U9 oder U10, zu uns gekommen. Das heißt, viele Mitarbeiter begleiten diese Jungs schon über Jahre hinweg. Diese Meisterschaft ist demnach ein echter Gemeinschaftserfolg. 

Fohlen-Hautnah: Mit dem Erfolg verbunden ist auch Mihai Enache, der bereits seit zehn Jahren im Verein ist. Was zeichnet ihn als Trainer aus, wie groß ist der Anteil an diesem Titel und was trauen Sie ihm in der Zukunft noch zu bzw. wie planen Sie mit ihm?

Mirko Sandmöller: Der Trainer hat immer maßgeblichen Anteil am Erfolg einer Mannschaft – unter anderem dadurch wie er das Team führt, zusammenhält, auf Aufgaben einstimmt und es begleitet. Mihai ist ein echtes Borussia-Eigengewächs. Er ist als Kind aus Rumänien nach Deutschland gekommen, hat dann selbst bei uns im NLZ gespielt und später den Weg als Trainer eingeschlagen. Den 2008er-Jahrgang hat er über mehrere Jahre begleitet und es geschafft, daraus ein Team zu formen, das diesen Titel erringen konnte. Einerseits kann er klare Leitplanken setzen, zudem ist er aber auch sehr emphatisch. Mihai hat eine hohe Vereinsidentifikation und schafft es, die Werte, für die Borussia steht, auch an die Jungs weiterzugeben. Er ist sehr authentisch – mit viel Empathie, Konsequenz und Loyalität. Der Titel ist auch für ihn das i-Tüpfelchen auf vielen Jahren harter Arbeit. 

Fohlen-Hautnah: Wenn wir über Trainer sprechen. In Eugen Polanski und Oliver Kirch haben Sie zwei ambitionierte Trainer in Ihren Reihen, die in der jüngsten Vergangenheit im Fokus gestanden haben sollen. Während Polanski noch bis 2026 gebunden ist, so wurde mit Kirch noch nicht verlängert. „Befürchten“ Sie da eine kurzfristige Änderung bei einem der beiden und wie ist bei Oli der Stand der Dinge? Wird es im Nachwuchs generell Änderungen in den Trainerteams geben?

Mirko Sandmöller: Wir werden mit beiden – Eugen Polanski und Oliver Kirch – in die neue Saison gehen. Beide sind selbst Profis gewesen und inzwischen Fußball-Lehrer. Dass es womöglich immer mal wieder ein gewisses Interesse von anderen Vereinen an ihnen gibt, verdeutlicht umso mehr, dass ihre Arbeit auch von extern wertgeschätzt wird. Wir sind von beiden und ihrer Arbeit absolut überzeugt und freuen uns, dass sie ihren Weg mit und bei uns weitergehen. 

Fohlen-Hautnah: Erfolg weckt bekanntlich Begehrlichkeiten. Haben Sie Sorge, dass Talente nach der Meisterschaft weggeschnappt werden?

Mirko Sandmöller: Gute Spieler werden immer auch von anderen Vereinen umworben, unabhängig von Titeln. Das ist Teil des Geschäfts. Natürlich bringt der Meistertitel zusätzliche mediale Aufmerksamkeit und das lenkt den Blick vielleicht noch etwas stärker auf einzelne Spieler. Wir haben aber viele Spieler langfristig gebunden und zeigen ihnen immer wieder ihre Perspektiven bei uns auf.

Fohlen-Hautnah: Stichwort Talente und Gewinnung: Wie läuft da so ein Prozess vom Beginn bis zur Verpflichtung ab, worauf achten Sie wenn ihr einen Spieler zu Borussia in den FohlenStall holen möchten und wie „stechen“ Sie Mitkonkurrenten aus?

Mirko Sandmöller: Es gibt kaum ein Talent, an dem allein wir interessiert sind. Deshalb ist es entscheidend, die Spieler von dem Weg zu überzeugen, den man mit ihnen gehen möchte. Wir identifizieren potenzielle Neuzugänge über unser Scouting – basierend auf Spielweise, Philosophie und Talentmerkmalen des Spielers. Dann führen wir persönliche Gespräche und klären Fragen wie „Was erwartet dich bei uns?“, „Welche Förderung bieten wir?“ und „Was wäre deine Rolle im Team?“. Auf der anderen Seite versuchen wir auch, den Spieler und seinen Charakter kennenzulernen, um einschätzen zu können: Ist der Junge bereit, hart zu arbeiten? Passt er ins Team? Wie tickt das familiäre Umfeld? Das ist ein sehr persönlicher Prozess.

Fohlen-Hautnah: Charles Herrmann soll sich bei der U19-EM schwer verletzt haben und soll Monate ausfallen. Das wäre sicherlich bitter für den Jungen. Wie sieht es da bei dem Jungen aus?

Mirko Sandmöller: Charles hat sich eine Verletzung am Arm zugezogen, die ihn natürlich etwas zurückwerfen wird. Das ist vor allem für ihn sehr schade, weil für ihn die nächsten Schritte seiner Entwicklung anstehen. Wir hoffen, dass er relativ schnell wieder einsteigen kann.

Fohlen-Hautnah: Sie haben bisher einige Transfers getätigt. Was trauen Sie all diesen Jungs zu und sind die Planungen im Nachwuchsbereich in Sachen Zugänge damit abgeschlossen?

Mirko Sandmöller: Gerade fühlt es sich nach mehr Transfers an als es tatsächlich sind – weil wir auch viele „interne Transfers“ getätigt haben, also Vertragsverlängerungen mit eigenen Spielern. Das ist für uns genauso wichtig wie externe Neuzugänge zu holen. Im U19-Bereich haben wir in Kaan Firat einen Stürmer aus Bochum geholt. Für die U23 wurden bisher vier Neuzugänge verpflichtet. Und ja, es sind noch weitere Personalien in der Pipeline.

Fohlen-Hautnah: Dass sich Borussia auf der Torhüter-Position generell nie Sorgen machen muss, ist bekannt. Auch im Nachwuchs gibt es einige gute Torhüter. Wie sieht da sie Verteilung von der U17 bis zur U23 für 2025/26 aus?

Mirko Sandmöller: Zunächst einmal wechseln die Meisten in die nächsthöhere Altersklasse. Marcello Trippel rückt demnach in die U19 auf und wird dort die Nummer eins. Aidan Jericho wird ebenfalls in die U19 hochgehen. Auch er ist ein guter Torhüter, der sich bis dato super entwickelt hat. In der U23 sind wir mit Maximilian Neutgens, Max Brüll und Florian Dimmer ebenfalls gut aufgestellt. Lindsay Gutaj aus der letztjährigen U19 wechselt bekanntermaßen nach Nürnberg. 

Fohlen-Hautnah: Sind nun mittlerweile seit etwas mehr als drei Jahren Nachwuchs-Chef. Wie zufrieden sind Sie mit ihrem bisher erreichten?

Mirko Sandmöller: Mit einer Mannschaft aus dem NLZ Deutscher Meister zu werden, stand nicht unbedingt ganz oben auf meiner Prioritätenliste, aber natürlich ist es schön, dies erreicht zu haben. Vielmehr ist es aber das Ziel meiner tagtäglichen Arbeit, gemeinsam mit meinem Team Strukturen zu verbessern, um Spieler optimal weiterentwickeln zu können, und Wahrscheinlichkeiten zu erhöhen, Spieler in den Lizenzbereich zu bringen. Der letzte Schritt liegt dann immer beim Spieler selbst, aber wir tun alles, um die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen. 

Fanshop