Mit viel Mühe hat Borussia Mönchengladbach die zweite Runde des DFB-Pokals erreicht. Bei Rot-Weiss Essen siegten die Borussen unter dem Strich zwar verdient mit 2:1, doch das Spiel war genauso knapp wie es das Ergebnis zeigt. Den Protagonisten war das in der Nachbetrachtung natürlich egal.
Pokal, Freitagabend, Flutlicht, Dauerregen und ein Viertligist – es gibt sicherlich ‚leichtere’ Aufgaben für einen Bundesligisten, der in einem solchen Spiel „nur“ der Verlierer sein kann. Schließlich ist es stets der Underdog, der alles in die Waagschlage legt, um den großen Favoriten ein Bein zu stellen. Und genau das wäre Borussia Mönchengladbach in Essen beinah passiert. Doch eine Blamage, die ein Ausscheiden nach sich gezogen hätte, konnten die Borussen so gerade noch verhindern.
Zunächst nahmen die Borussen die Partie an der Hafenstraße genauso an, wie man es als Bundesligist tun muss. Man hatte das Heft in die Hand, setzte den Regionalligisten und marschierte nach vorne. »Wir haben die Bedingungen hervorragend angenommen. Wir haben in den ersten zwanzig Minuten genau das gemacht, was du machen musst«, lobte Dieter Hecking. »Wir haben viel Tempo im Spiel gehabt und haben immer wieder versucht, über die Flügel durchzubrechen«.
Spätestens am Strafraum war Schluss
Tatsächlich war die Fohlenelf Chef im Ring und ließ Essen kaum gewähren, doch Aufwand und Ertrag standen in keinem ausgewogenen Verhältnis. Im letzten Drittel fehlte dann die nötige Konsequenz und es fehlte die nötige Durchschlagskraft. Essen machte wie erwartet den Laden dicht, die Borussen kamen nicht entscheidend durch. »Wir hatten in der ersten Halbzeit sehr viel Ballbesitz, aber ich kann mich an keine richtig hundertprozentige Chance erinnern«, sagte Matthias Ginter.
»In der ersten Halbzeit haben wir gut gespielt, aber leider keine guten Chancen herausgespielt«, stimmte Oscar Wendt zu. »Wenn wir auf den Flügeln durchgekommen sind, hat in der Mitte jemand für den Abschluss gefehlt«.
Beim Gegentor schlampig verteidigt
Und mitunter wird so was dann auch von einem Regionalligisten bestraft. »Dann passierte genau das, was nicht passieren sollte. Mit der ersten Unachtsamkeit geraten wir in Rückstand«, haderte Hecking. Ein ohne Zweifel unglücklicher Rückstand, der jedoch hätte vermieden werden können. Nach Ballverlust im Mittelfeld ließen die Borussen Essen gewähren und unbehelligt flanken. In der Mitte tummelten sich dann zwar einige Borussen, die jedoch mehr oder weniger nur zuschauten, so dass Benjamin Baier wenig Mühe hatte, die Kugel aus kurzer Distanz in den Maschen zu versenken. »Essen hat einen Konter gut ausgespielt und das Tor gemacht«, sagte Wendt.
»Das hat RWE dann natürlich in die Karten gespielt«, sagte Hecking. So war es zunächst in der Tat. Bei der Demandt-Truppe wurde die Brust größer, die Borussen hatten am Rückstand zu knabbern. Das musste sich nach dem Seitenwechsel natürlich ändern. »Wir haben in der Halbzeit gesagt, dass wir das 0:1 abhaken, geduldig bleiben, in unserem Tunnel bleiben und Spieltempo wieder erhöhen und unnötige Foulspiele vermeiden müssen«, gab Hecking Einblicke in seine Halbzeitansprache und befand: »Das ist der Mannschaft sehr gut gelungen«.
Moral bewiesen und das Spiel gedreht
Tatsächlich legte die Fohlenelf wieder einen Zahn zu und erspielte sich durch Ibrahima Traoré und Lars Stindl zwei gute Möglichkeiten. Ins Eckige wollte das Runde aber immer noch nicht. »Die zweite Halbzeit haben wir dominiert und es war nur die Frage, wann das erste Tor kommt«, sagte Wendt. In der 79. Minute war es dann soweit, als der kurz zuvor eingewechselte Jonas Hofmann im zweiten Anlauf für den erlösenden Ausgleich sorgte. Und drei Minuten und 21 Sekunden später waren die Borussen dann auf der Siegerstraße. Raffael war es, der die Kugel aus kurzer Distanz in den Maschen versenkte.
Das war der Genickbruch für Essen. Die Fohlenelf ließ sich dann nicht mehr die Butter vom Brot nehmen und ging unter dem Strich als verdienter Sieger vom Platz. »Irgendwann ist dann der Druck zu groß. Zum Glück haben wir es dann tatsächlich noch geschafft, das Ding zu drehen«, zeigte sich Ginter erleichtert.
Eine Runde weiter – das ist das, was am Ende zählt. »Die Erleichterung ist natürlich groß. Hut ab, die Mannschaft hat Moral gezeigt. Das war ein hartes Stück Arbeit«, atmete auch Lars Stindl erst mal tief durch.
»Nehmen sehr viel Positives mit«
Für Dieter Hecking war die enge Kiste und harte Arbeit an der Hafenstraße unterdessen aufschlussreich. »Ich muss ehrlich sagen, dass ich mit dem Auftreten sehr zufrieden bin, auch wenn das auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen mag, wenn man bei einem Viertligisten nur 2:1 gewinnt«, sagte Hecking und erklärte: »Aber RWE hat gut gespielt und wir haben gesehen, dass wir von einer guten Verfassung gar nicht so weit weg sind«.
»Ich habe lieber so ein Spiel, in dem wir voll gefordert und auch unter Druck waren. Ein Ausscheiden war möglich. Wir mussten ein Spiel drehen. Das haben wir hervorragend gemacht«, so der 52-Jährige weiter. »Von daher nehmen wir trotz des knappen Ergebnisses sehr viel Positives mit«.
Positiv und erfreulich zudem ist die Tatsache, dass die Borussen nicht zu den Teams zählen, über die nach einem Pokalaus beim vermeintlichen Underdog negativ geschrieben wird. Die Moral der Truppe stimmt in der Tat, spielerisch muss sie allerdings eine deutliche Schippe drauflegen und zudem vorne effektiver werden.