Tiago Pereira Cardoso gehört die Zukunft bei Borussia. Foto: Dirk Päffgen
Torhüter-Talent Tiago Pereira Cardoso gehört zu den vielversprechenden jungen Spielern bei Borussia Mönchengladbach. Der gebürtige Luxemburger hat 2024 seinen Profivertrag unterschrieben und sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht der 19-Jährige offen über seinen Weg von Luxemburg nach Deutschland, seine Anfänge bei Borussia, seine Spielweise als moderner Torhüter und seine Ziele für die kommende Saison.
Fohlen-Hautnah: Tiago, du hast bei deinen Einsätzen in der Bundesliga mit einer extrem
starken Paradenquote auf dich aufmerksam gemacht. Wie hast du diese Momente erlebt, was bedeuten sie dir persönlich und wie schaust du generell auf die letzte Saison zurück?
Pereira Cardoso: Sie war sehr lehrreich. Ich habe viel gelernt, es war alles neu. Vor allem die Spiele, in die ich auch mal ins kalte Wasser geworfen wurde. Das hat mir in meiner Entwicklung sehr geholfen. Es hat mir gezeigt, dass man im Fußball jeden Tag bereit sein muss. Es ist ein Tagesgeschäft und genau so gehe ich auch ran. Jeden Tag alles geben, um bereit zu sein, wenn die Chance kommt.
Fohlen-Hautnah: Wie ist dein Verhältnis zu Moritz Nicolas und Jonas Omlin – mehr Konkurrenz oder kollegialer Austausch?
Pereira Cardoso: Sie haben alle viel Erfahrung. Ich kann als junger Torwart nur von ihnen lernen, natürlich auch von Tobias Sippel. Jeder bringt einen anderen Charakter, andere Erfahrungen mit. Und das Niveau im Training ist hoch. Das motiviert mich. Ich möchte auf ihr Niveau kommen. Dafür muss und werde ich hart arbeiten. Es ist eine riesige Motivation, mit solchen Torhütern zusammenzuarbeiten.
Fohlen-Hautnah: Wie würdest du deinen Torwartstil beschreiben – eher ein klassischer Linie-Torwart oder eher der moderne „Mitspieler“?
Pereira Cardoso: Fußball hat sich über die Jahre verändert. Heute ist der Torwart Teil des Aufbauspiels, ein zusätzlicher Feldspieler. Auch bei Borussia ist das wichtig. Das Mitspielen habe ich hier wirklich gelernt. Mit Trainern wie Sascha Eickel, Alexander Ende oder Oliver Kirch. Und bei Gerardo Seoane passt es auch, weil er dieses Spielverständnis einfordert. Ich sehe mich deshalb als mitspielenden Torwart. Aber am Ende ist das Wichtigste: Bälle halten. Das ist das Torwartprinzip. Ich musste anfangs beim Mitspielen noch einiges lernen, aber inzwischen macht es mir Spaß, weil es auch einen großen taktischen Einfluss auf das Spiel hat.
Fohlen-Hautnah: Wie ist Borussia eigentlich in Luxemburg auf dich aufmerksam geworden und wie kam dann der Wechsel dann zustande?
Pereira Cardoso: Ich glaube, wir haben mal mit der Nationalmannschaft in Luxemburg gegen Schalke gespielt. Das war ein internationaler Vergleich unter der Woche. In Luxemburg trainiert man unter der Woche mit der Nationalmannschaft und spielt dann am Wochenende im Verein. Und dann hat man Mittwochsspiele, zum Beispiel gegen Mainz, Gladbach oder Schalke. Da wurde ich gesehen und dann zum Probetraining eingeladen. So hat sich das entwickelt.
Fohlen-Hautnah: Und dann warst du das erste Mal fernab der Heimat…
Pereira Cardoso: Der Schritt von Luxemburg nach Deutschland war schon ein besonderer. Weg von zu Hause, weg von Mama, weg von Papa. Das macht schon etwas mit einem. Mein Ansprechpartner war damals Uwe Kamps. Mit ihm hatte ich am Anfang beim Probetraining den meisten Austausch. Er hat sich immer an das gehalten, was er gesagt hat. Das ist. Für mich typisch Borussia: das Familiäre und dass man zu seinem Wort steht
Fohlen-Hautnah: Wer war dein Idol als Kind – und wer inspiriert dich heute auf deiner Position?
Pereira Cardoso: Früher war es immer Gianluigi Buffon. Aber der Fußball hat sich verändert. Heute picke ich mir von vielen Torhütern etwas raus. Ich schaue sehr viel Fußball und achte auf die Details. Ich finde es spannend, von vielen verschiedenen Stilen etwas zu lernen.
Fohlen-Hautnah: Wie sah dein Alltag aus, als du nach Gladbach gekommen bist – gab es etwas, das dich besonders überrascht oder gefordert hat?
Pereira Cardoso: Gefordert hat mich vor allem die die Sprache. In Luxemburg spricht man Luxemburgisch oder Französisch. Plötzlich ist Deutsch die Hauptsprache. Ich konnte zwar schon ein bisschen Deutsch, aber nur das Schuldeutsch, kein Umgangsdeutsch. Doch mit den Jungs im Internat und in der Mannschaft ging das dann sehr schnell. Klar, das Familiäre hat gefehlt. Nach dem Training nicht mehr zu Mama und Papa zu kommen, sondern sie nur noch über den Bildschirm zu sehen, war nicht einfach. Aber das Internatsleben war sehr familiär. Wenn ich ein Problem hatte, war Frau Lintjens da. Jeder junge Spieler spricht von ihr. Sie ist wie eine zweite Mutter.
Fohlen-Hautnah: Was machst du außerhalb des Platzes, um den Kopf freizukriegen – gibt es Hobbys oder Rituale, die dir wichtig sind?
Pereira Cardoso: Ich würde mich als sehr angenehmen Menschen bezeichnen, das höre ich zumindest oft. Ich habe mich in letzter Zeit mehr mit mir selbst beschäftigt, weil Schule und Fußball mich sehr beansprucht haben. Ich habe Padel für mich entdeckt, gehe sehr gerne Kaffee trinken. Das ist nach dem Training zu einer Art Ritual geworden. Ansonsten bin ich gerne zu Hause, verbringe Zeit mit meiner Freundin und mit Freunden. Einfach mit Menschen, die ich liebe. Natürlich gehe ich auch mal raus, aber bei dem vollen Alltag braucht man auch mal Zeit für sich.
Fohlen-Hautnah: Gab es in deiner bisherigen Karriere einen Moment, der dich besonders geprägt hat – positiv oder auch lehrreich durch einen Rückschlag?
Pereira Cardoso: Es gab viele besondere Momente. Natürlich das Bundesliga-Debüt. Aber auch, dass ich früh mit Älteren gespielt habe. Von der U17 direkt zur U19, dann auch schon bei der U23. Und ein Highlight war die U17-Europameisterschaft mit Luxemburg vor zwei Jahren, als wir unter anderem gegen Fabio Chiarodia gespielt haben. Für Luxemburg war das ein riesiger Erfolg. Das hat mich sehr geprägt, weil es etwas Besonderes ist, mit dem eigenen Land bei so einem Turnier zu spielen.
Fohlen-Hautnah: Jeff Strasser war ein bekannter Luxemburger bei Borussia. Hast du schonmal was vom ihm gehört?
Pereira Cardoso: Klar kenne ich Jeff Strasser. In Luxemburg ist das ein großer Name. Sein Sohn hat vor kurzem mit der Nationalmannschaft gegen Gladbach gespielt, da habe ich ihn auch das erste Mal persönlich getroffen. Er ist ein super netter Mensch, der sich mit Borussia richtig gut auskennt. Er war total vertraut mit allem, als ich ihm die Kabine gezeigt habe. Er meinte nur: Das kenne ich doch schon alles.
Fohlen-Hautnah: Was nimmst du dir abschließend für die kommende Saison vor?
Pereira Cardoso: Ich will mich persönlich weiterentwickeln. Es gibt noch Baustellen. Beim Stellungsspiel, in der Athletik. Es sind oft die kleinen Details. Aber ich bin hier super aufgehoben mit unseren Torwarttrainern André Wachter, Tobias Sippel und Nico Stremlau aus der U23. Das sind Menschen, die mich besser machen. Mein Ziel ist es, so viel Spielzeit wie möglich zu bekommen – ob bei der U23 oder den Profis, das wird sich zeigen. Aber für mich ist klar: Ich will mich auf ein anderes Level bringen.