Philipp Sander: “Ich messe mich immer gerne mit den Besten”

Philipp Sander Borussia Mönchengladbach

Philipp Sander im Pressegespräch – Foto: Dirk Päffgen

Tag fünf im Trainigslager von Borussia Mönchengladbach am Tegernsee. Am heutigen Mittwoch stellte sich Neuzugang Philipp Sander, der mit Holstein Kiel in die erste Bundesliga aufgestiegen ist und jetzt zur neuen Saison zur Fohlenelf wechselte, den Fragen der Medienvertreter. Unter anderem sprach er über den Wechsel, seine Entwicklung, seine Position und wie er der Mannschaft mit seiner Erfahrung helfen kann. 

Philipp Sander über: 

… den Spielertypen Philipp Sander:

Ich habe sicherlich die ein oder andere Tugend aus Kiel, die ich aus der zweiten Liga mitbringen kann. Eine gewisse Physis, eine gewisse Aggressivität gegen den Ball, aber auch meine Qualitäten mit dem Ball. Ich glaube, ich bin ein sehr disziplinierter Spieler, der sehr viel dafür tut, am Wochenende bestmögliche Leistungen bringen zu können. Aber auch im Training Vollgas geben. Weil ich einfach glaube, das spiegelt am Ende die Leistung wider, die du im Spiel dann bringen wirst. Ich denke, dass haben auch alle, die mit mir trainiert haben, bereits wahrgenommen. Das wird auch so bleiben. 

… den Sechser oder Achter in ihm:

Ich kann mich da ganz gut anpassen. Je nachdem, mit wem ich dann zusammenspielen würde. Ich kann den defensiveren Part übernehmen. Das war vor allem in Kiel letztes Jahr meine Aufgabe. Ich bin da relativ flexibel unterwegs und spiele beides sehr gerne. Ich habe einfach gerne den Ball am Fuß. Je mehr Kontakt der Ball am Fuß hat, desto glücklicher bin ich. Ob das dann weiter hinten oder weiter vorne ist, spielt mir für mich nicht so die tragende Rolle. 

… Robin Hack, der in der letzten Saison zehn Tore geschossen hat und damals auch aus der 2. Liga kam:

Aufgrund meiner Position wird das wahrscheinlich eher schwierig so oft zu treffen. Aber ich traue mir das auf jeden Fall zu. Ich weiß um meine Qualität. Robin ist das beste Beispiel dafür, dass auch die Leistungsdichte in der 2. Liga immer höher wird und die Qualität grundsätzlich einfach immer höher wird. Ich kann die Liga noch nicht richtig einschätzen. Aber das werde ich im Laufe der Zeit besser können. Den Sprung traue ich mir auf jeden Fall zu. 

… das Trainingsniveau und die Spielidee bei Holstein Kiel:

Gewisse Parallelen im Spielaufbau sind auf jeden Fall vorhanden, auch in der Idee mit dem Ball. Da gilt es jetzt gar nicht so extrem viel Neues zu lernen. Das Durchschnittsniveau von jedem einzelnen Spieler ist einfach noch mal einen Tick höher. Du musst einfach im Kopf noch mal ein bisschen schneller sein. Ich glaube, dass ist eigentlich auch der größte Unterschied zu Kiel. Aber ich glaube, da gewöhnt man sich relativ schnell dran und da kann man sich auch noch eine Menge von seinen Mitspielern abschauen. 

… wie schwer es ihm gefallen ist, aus der Komfortzone herauszukommen:

Um ehrlich zu sein, es ist mir ziemlich leicht gefallen. Ich glaube, ich bin jemand, der eigentlich kein Problem hat, aus seiner Komfortzone rauszukommen. Aber trotzdem habe ich immer gesagt, ich mache jetzt nicht irgendeinen Schritt, einfach nur, um einen Schritt zu machen. Es muss einfach passen. Ich hatte das Gefühl, dass der Verein sich sehr um mich bemüht hat, dass ich extrem Lust auf den Verein habe. Einfach auf das ganze Drum und Dran, auch wenn ich das vielleicht nach wie vor noch nicht so realisiert habe. Bei Kiel waren im Trainingslager nicht zweieinhalbtausend bei einem Testspiel. Klar habe ich da eine sehr, sehr schöne Zeit gehabt. Ich habe mich da wohl gefühlt. Es wäre vielleicht die leichtere Entscheidung gewesen, in Kiel zu bleiben. Aber ich habe einfach Bock auf eine neue Herausforderung und deswegen bin ich jetzt hier.

… den ähnlichen Weg wie auch Rocco Reitz ihn genommen hat:

Wenn ich mit jüngeren Spielern spreche, dann kann ich nur sagen, es gibt nichts, was Spielzeit auf hohem Niveau ersetzt. Kein Training mit einer Erstligamannschaft oder einer Zweitligamannschaft. Deswegen bin ich damals ganz bewusst diesen vielleicht äußerlichen Rückschritt gegangen in die dritte Liga. Aber auch da musst du eine physische Komponente, einfach mitbringen, um dich durchzusetzen zu können. Das alles findet auf einem niedrigerem technischem Niveau statt. Für mich war dieser Schritt einfach der wichtigste. Man nimmt eine Menge mit und man entwickelt ein gewisses Selbstverständnis. 

… den Respekt den er vor der ersten Bundesliga hat:

Vorfreude ist deutlich größer als der mögliche Respekt. Aber natürlich ist der trotzdem vorhanden. Da stehen Spieler auf dem Platz, die natürlich schon teilweise unfassbare Karrieren hinter sich haben. Aber am Ende des Tages bringt es mir nichts, vor Ehrfurcht zu erstarren. Am Ende des Tages kochen sie auch nur alle mit Wasser. So dumm das klingt: Bestimmt werde ich das eine oder andere Mal denken, huch, das hätte auf Zweitliganiveau vielleicht jemand ein bisschen anders gelöst. Aber ich freue mich einfach auf die Herausforderungen und werde dann sicherlich auch innerhalb der Saison einfach einen gewissen Entwicklungsprozess machen und dann da auch besser werden. 

… das gut bestückte Mittelfeld:

Die Spekulationen überlasse ich euch. Ich konzentriere mich jetzt gerade aufs Trainingslager. Am Freitag ist das nächste Testspiel. Ich habe jetzt mit jedem Spieler die diese Position spielen mal auf der Sechs zusammengespielt. Ich glaube ein oder zwei Spieler, mit denen könnte ich da theoretisch noch zusammenspielen. Am Ende überlasse ich die Entscheidung dem Trainer. Ich versuche sie ihm natürlich so schwer wie möglich zu machen. Ich bin nicht gekommen, um mich freiwillig auf die Bank zu setzen. Ich glaube, das weiß jeder, das merkt auch jeder. Aber am Ende trifft natürlich der Trainer die Entscheidung. 

… ob er im Vorfeld bereits mit Marvin Schulz über Borussia gesprochen hat:

Die Leute, die eine Borussia-Vergangenheit hatten, haben eigentlich erst davon erfahren, als ich mich dafür bereits entschieden hatte. Und trotzdem habe ich mich natürlich über den Klub unterhalten. Es gab eigentlich keinen, der auch nur irgendein böses Wort über diesen Klub gelassen hat. Und ich glaube, alleine das spricht Bände. Natürlich haben sie auch gesagt, das ist einfach nochmal was anderes, wenn du dann plötzlich am Tegernsee bist, das ganze Drumherum. Das wird einfach was anderes sein. Freue dich darauf, versuch es zu genießen, haben sie gesagt. Auch das Leben im Westen wird sicherlich nochmal was anderes sein, als jetzt an der Küste in Kiel. Ich habe einfach ein positives Feedback bekommen. Die Entscheidung  ist mir nicht schwergefallen, weil ich glaube, dass der Verein einfach für einen sehr, sehr attraktiven Fußball steht. Viele Tore hoffentlich dieses Jahr, vor allem vorne, weniger hinten. Der Klub hat einfach eine Tradition, die ich selbst so einfach in meinem Verein noch nie hatte, auf die ich mich gefreut habe. Die Fanszene wird mich glaube ich gerade das erste Mal im ausverkauften Stadion nochmal umhauen. Dementsprechend ist mir die Entscheidung, gerade aufgrund der Gespräche mit den Verantwortlichen, überhaupt nicht schwergefallen. 

… ob noch anderen Bundesligavereine Interesse an ihm hatten:

Vielleicht, ja. 

… ob er mit Tim Kleindienst auf dem Zimmer Pläne schmiedet, wie man Mentalität in die Truppe bekommt

Wir haben da oben jetzt keine Tafel stehen und malen abends mit Kreide rum. Aber klar, unterhalten wir uns natürlich trotzdem über Trainingsinhalte, über Trainingsintensität. Einfach, weil man natürlich gerade von neuen Vereinen kommt. Man vergleicht natürlich. Jeder muss erstmal seine Leistung auf den Platz bringen. Es geht darum, seine Stärken mit einzubringen. Da sind Tim und ich, gerade was Intensität und Disziplin angeht, ganz gut bestückt. Das wollen wir aufrecht erhalten und andere damit anstecken. 

… worüber er mit dem Trainer vielleicht gesprochen hat, welche Hierarchie er hier einnimmt. In Kiel war er Kapitän. 

Das vorher zu besprechen, bevor irgendwelche Leistungen gebracht werden, ist relativ schwierig. Also das war noch gar kein Thema. Da beschäftige ich mich aktuell auch wirklich noch nicht mit. Ich versuche einfach Leistung zu bringen. Und ich glaube, dann erarbeitest du dir selber so eine Art Position in der Mannschaft. Das wird mit der Zeit kommen.

… sein frisches Aussehen obwohl alle anderen ziemlich platt aussehen:

Das ist gute Tagescreme, die kann ich nur empfehlen. Nein, natürlich sind die Tage intensiv. Man versucht sich bestmöglich zu regenerieren. Ich habe jetzt nicht damit gerechnet, dass ich hier mit frischen Beinen die ganze Zeit rumlaufe. Das wäre auch nicht Sinn der Sache. Vielleicht täuscht das ein oder andere Lächeln mal über den eigentlich körperlichen Zustand hinweg. Aber ich glaube, dass ist genau das, was wir brauchen, um uns einfach bestmöglich auf die Saison vorzubereiten. Es ist hier eine Intensität, die jeder gehen kann und jeder gehen sollte. Keiner muss sich extrem durchschleppen oder läuft Verletzungsgefahr. Da wird schon aufgepasst. Aber natürlich sollte die Intensität hoch sein. Und das ist sie auch. 

… seinen Weg und ab wann er gemerkt hat, jetzt ist sein Talent angekommen.:

Mit dem Jahr in Verl hat sich das einfach extrem verändert. Ich glaube, ich wusste immer, dass ich Talent habe. Aber am Ende des Tages musst du das auch zeigen können. Und wenn du zwei Jahre in der Profimannschaft spielst und dann, vielleicht fünf Kurzeinsätze hast, dann wird es schwierig, das Talent zu zeigen. Und das Jahr in Verl hat mir dann gezeigt, auf Drittliganiveau ist es auf jeden Fall möglich. Nach Kiel kam ich dann wie ein gefühlter Neuzugang wieder. Mit mehr Spielzeit, mit mehr Selbstverständnis, mit mehr Selbstbewusstsein auf dem Platz hast du dann auch gemerkt, okay, da steckt vielleicht auch noch ein bisschen mehr in dir. Ich habe den Traum nie aufgegeben und bin mir sicher, dass meine Entwicklung noch nicht am Ende ist. 

… die Dankbarkeit dem ehemaligen Trainer:

Das ganze Trainerteam, der ganze Verein, dem ganzen Verein Verl bin ich sehr, sehr dankbar. Ich wusste, dass Verl auch einen attraktiven Fußball spielt. Das haben sie auch in der Dritten Liga durchgezogen. Das ist, glaube ich, keine Selbstverständlichkeit. Da gibt es dann auch doch die einen oder anderen Vereine, die eher Kick-and-Rush spielen. Aber wir haben da unseren Plan durchgezogen und ich habe, glaube ich, 35 Spiele gemacht.  Ich bin ja dann nicht einfach aufgrund dessen, dass ich von Kiel kam, da zum Stammspieler gereift, sondern habe natürlich auch mit Leistung irgendwie das Ganze mir verdienen müssen. Aber das Vertrauen seinerseits war einfach da und das hat mir extrem gut getan. Da ist auf jeden Fall auch Dankbarkeit vorhanden. 

… wie viele Spiele er machen will und ob er sich da Ziele gesetzt hat:

Darüber habe ich mir noch gar nicht groß Gedanken gemacht. Also da gibt es keine Benchmark. Für mich ist das Allerwichtigste erstmal gesund zu bleiben. Ich glaube, die Spielzeit kommt dann von ganz alleine und dann werden wir ja nächstes Jahr im Mai wissen, wie viele Spiele rumgekommen sind. 

… wie wichtig der Sechser ist:

Ich glaube, es ist schon eine sehr, sehr wichtige Rolle, einfach um eine gewisse Balance zwischen Offensive und Defensive zu haben. Aber am Ende des Tages sind trotzdem elf Leute auf dem Platz und als Sechser kannst du alleine noch so gut sein, wenn deine Leute um dich herum nicht funktionieren oder du als Sechser einfach auf dich allein gestellt bist. Am Ende gilt es, ein Kollektiv auf dem Platz zu haben, sich immer wieder gegenseitig zu unterstützen. Das haben wir in Kiel letztes Jahr genauso gemacht. Am Ende des Tages, ob es jetzt ein Innenverteidiger, ein Außenverteidiger, ein Sechser oder ein Stürmer ist, jeder hat einen unfassbar großen Einfluss auf das Spiel. Und der Sechser hat vielleicht ein paar mehr Ballkontakte als der Stürmer, das ist richtig. Der Stürmer ist aber dafür da, um die Dinger über die Linie zu drücken. Nur dafür gibt es drei Punkte. Und von daher würde ich jetzt nicht sagen, dass es die wichtigste Position ist. Aber klar, eine gewisse Tendenz, viel den Ball zu haben und für eine Balance im Spiel zuständig zu sein, das kann man glaube ich schon absehen. 

… worauf er sich bei der Bundesliga am meisten freut:

Ich freue mich eher auf einzelne Duelle gegen einzelne Spieler. Ich messe mich immer ganz gerne mit den Besten. Und da werden glaube ich ein paar Kaliber auf mich zukommen und dann würde ich ganz gerne nach 90 Minuten behaupten können, dass ich ganz gut mithalten kann. Mal gegen Florian Wirtz oder gegen Musiala zu spielen, da muss ich sagen, freue ich mich schon sehr drauf. Aber klar, vor allem auf die Heimspiele. Ich glaube ,die Saisoneröffnung amFreitagabend – viel mehr geht dann gar nicht. Da freue ich mich natürlich auch extrem drauf. 

… über ein Vorbild:

Direkt ein Vorbild gibt es nicht. Es gibt eher Spieler, von denen ich mir versuche irgendwie viel abzuschauen. Toni Kroos ist einfach aufgrund der lokalen Nähe, wo er aufgewachsen ist, interessant für mich. Ich habe mit seinem Papa damals noch in der Jugend zusammen trainiert. Das ist immer ein Spieler, den ich verfolgt habe. Ich würde aber trotzdem sagen, dass ich ein anderer Spielertyp bin als Kroos. Ich versuche mir einfach von den besten Spielern, die da auf der Position spielen, immer so einzelne Sachen abzuschauen. Aber am Ende des Tages glaube ich, habe ich einen sehr individuellen Spielstil. Ich glaube, da gibt es keinen Spieler, wo ich sage, das ist genau der Spielertyp, der ich auch bin.

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