Rocco Reitz: »Wenn man mal nicht spielt, wirft man nicht direkt alles über Bord«

Rocco Reitz möchte die Leistungen der letzten Saison bestätigen. Foto: Marc Schöne, Fohlen-Hautnah.de

Rocco Reitz gehörte bei Borussia Mönchengladbach in der letzten Saison ohne Zweifel zu den positiven Erscheinungen. Nach seiner Rückkehr aus Belgien stand das Eigengewächs in allen Bundesliga-Partien auf dem Platz. Als Belohnung seiner Leistung durfte sich Reitz vor der EM im DFB-Trainingslager zeigen. Im Interview mit unserer Redaktion sprach der 22-Jährige im Trainingslager am Tegernsee über seine Erfahrung bei der A-Nationalmannschaft, seine Zeit bei St. Truiden, die abgelaufene Spielzeit, die bevorstehende Saison und seine Ziele.

Fohlen-Hautnah: Rocco, dein Urlaub hast du aufgrund der Teilnahme am EM-Trainingscamp erst später antreten können. Welche Erfahrungen konntest du aus deiner Zeit bei der A-Nationalmannschaft mitnehmen?

Rocco Reitz: Ich konnte aus vielen Bereichen sehr viel mitnehmen. Ob neben oder auf dem Platz und mit dem gesamten Team. Vor allem aber Motivation. Ich habe mir dort einiges abschauen können und versuche, das jetzt auf den Platz umzusetzen. Es hat mir dort sehr viel Spaß gemacht und ich hoffe, dass ich irgendwann einmal wieder dabei bin. Dafür werde ich alles geben. 

Fohlen-Hautnah: Erhoffst du dir bei gleichbleibenden Leistungen eine erneute Einladung? Vielleicht auch mit dem Blick auf die bevorstehenden Partien.

Rocco Reitz: Die ersten Spiele im Verein werden enorm wichtig sein. Da muss ich überzeugen und will mich zeigen. Und dann bin ich hochmotiviert, wenn ich eingeladen werde. Egal ob für die U21- oder die A-Nationalmannschaft. Aber aktuell liegt der Fokus natürlich auf Borussia. Alles was ich machen kann, ist hier Vollgas zu geben und das Beste zu zeigen. Ich mache mir da auch keinen großen Druck. Eine Nominierung wäre dann für mich wie eine Belohnung. 

Fohlen-Hautnah: Du hast im Interview mit dem DFB von einer „anderen Welt“ gesprochen. Erkläre uns bitte mal, was du damit meinst.

Rocco Reitz: Da ist alles einen Tick krasser, wenn ich das in der Jugendsprache sagen darf. Das ganze Drumherum ist einfach sehr professionell. Auch die Leistung von allen Spielern auf und neben dem Platz ist noch mal höher. Das ist dann die Crème de la Crème. Das hat schon echt Spaß gemacht. Es sind Spieler dabei, die Leute anziehen und die eine unfassbare Aufmerksamkeit erzeugen. Wie bei Thomas Müller und Manuel Neuer zum Beispiel. Das ist wirklich unglaublich.

Fohlen-Hautnah: Jetzt bist du wieder mit Borussia in der Vorbereitung und hier im Trainingslager am Tegernsee. Wie ergeht es dir bis hierhin? 

Rocco Reitz: Die Tage waren und sind schon anstrengend und sehr intensiv. Aber wir versuchen, dabei auch immer so viel Spaß wie möglich zu haben. Denn das gehört auch dazu. Auch mit den Neuzugängen und dem gesamten Team macht es sehr viel Spaß, wir verstehen uns alle sehr gut. Das ist wie eine Art Klassenfahrt mit viel Anstrengung. 

Fohlen-Hautnah: Was sind deine persönlichen Ziele? 

Rocco Reitz: Als erstes ist es natürlich wichtig, gesund zu bleiben. Dann ist es mein Ziel, so viele Spiele wie möglich zu machen und meine Leistungen vom letzten Jahr zu bestätigen und vielleicht noch eine Schippe draufzulegen.

Fohlen-Hautnah: Es gibt ein hohes Angebot im Mittelfeld für den Trainer. Dein Marktwert liegt derzeit bei 10 Millionen Euro und du weckst sicher auch das Interesse anderer Vereine. Wenn du jetzt mal nicht zum Einsatz kommen solltest, hört man sich dann Angebote der Interessenten an? 

Rocco Reitz: Darüber denke ich überhaupt nicht nach. Ich versuche immer erst eine Lösung zu finden. Ich möchte mir das erarbeiten und mir meine Spielzeit, die ich mir vorstelle, verdienen. Wenn das dann mal nicht so klappt, haue ich mich voll rein, damit das wieder besser wird. Ich stelle mich der Aufgabe und gebe Gas. Dann kommt alles von alleine und man wird dafür belohnt. Es war ein langer und auch steiniger Weg, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Wenn man dann mal nicht spielt, wirft man nicht direkt alles über Bord.

Fohlen-Hautnah: Das Mittelfeld ist also gut besetzt und auch in der Offensive hat Borussia sich verstärkt. Auf welcher Position denkst du, müsste Borussia sich noch verstärken? 

Rocco Reitz: Das ist richtig. Wir haben im Mittelfeld eine große Konkurrenzsituation. Aber das haben wir auf den anderen Positionen auch. Generell spornt das auch an. Ich denke, und das hat der Trainer ja auch schon gesagt, in der Defensive können wir noch nachlegen. Aber sich damit zu beschäftigen, ist nicht meine Aufgabe. Dazu haben wir die sportliche Führung im Verein, die sich um solche Dinge kümmern. Ich konzentriere mich auf andere Dinge und wir Spieler arbeiten hart, uns gut auf die Saison vorzubereiten. Generell ist ein breiter Kader immer gut, denn die Saison ist lang und Verletzungen können immer mal vorkommen.

Fohlen-Hautnah: Du warst zweimal auf Leihbasis beim belgischen Erstligisten VV St. Truiden unter dem deutschen Trainer Bernd Hollerbach. Welche Erfahrungen haben dir dort geholfen, diesen heutigen Schritt gemacht zu haben? 

Rocco Reitz: Für meine Entwicklung war es das Beste, was ich machen konnte. Ich war zu vor nicht bereit für das Profigeschäft in der Bundesliga, sowohl von der körperlichen als auch vom mentalen Gesamtpaket. Bernd Hollerbach hat die Zügel in die Hand genommen. Er hat mich in Sachen Kraft, physische Stärke und Ballbehandlung enorm weitergebracht. Ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er mich dahin gebracht hat, in der Bundesliga mithalten zu können.

Fohlen-Hautnah: Wenn du auf diese Zeit in Belgien schaust. Wie unterscheiden sich die erste belgische und die erste deutsche Liga? 

Rocco Reitz: In Belgien gibt es schon Vereine, die echt gut kicken können. Aber es wird eher mit langen Bällen gespielt und man muss mehr ‚malochen‘. Da geht es schon ordentlich zur Sache in manchen Partien. Für junge Spieler ist die Liga sehr interessant.

Fohlen-Hautnah: Apropos Belgien. Schaust du dir generell auch internationale Ligen an und gibt es einen Verein, auf den du besonders schaust? 

Rocco Reitz: Ich schaue die Premier League sehr gerne und favorisiere den FC Liverpool. Der Fußball in England ist schon sehr, sehr interessant. Wenn da Top-Teams aufeinandertreffen, dann geht es da hin und her und richtig zur Sache. Ich finde, die sind ein bisschen weiter als wir in der Bundesliga. Also physisch und im Spieltempo. Das ist schon beeindruckend.

Fohlen-Hautnah: Dein Bruder Tony Reitz spielt aktuell in Borussias U23. Wie ist der Kontakt zwischen euch und tauscht ihr euch auch viel aus?

Rocco Reitz: Ich habe fast täglich Kontakt mit meinem Bruder. Wir sprechen viel miteinander. Er fragt mich, wie er mit gewissen Situationen umgehen soll und ich gebe meine Einschätzungen ab. Das mache ich total gerne, auch weil ich früher auch gerne einen solchen Ansprechpartner gehabt hätte. Aber wenn es ums Spielerische geht, meldet er sich nicht oft, da ist er selbst von sich überzeugt (lacht). 

Fohlen-Hautnah: Wer ist der bessere Spieler von euch beiden? 

Rocco Reitz: Ich finde meinen Bruder schon richtig gut, wie er mit dem Ball umgeht. Er hat echt einen klasse linken Fuß. Er hat ein gutes Auge und einen guten Abschluss. Aber es ist bei ihm ähnlich wie bei mir. Körperlich zu wissen, was es eigentlich heißt, in diesem Geschäft Fuß zu fassen. Das kann man den Leuten nicht aufzwingen und jeder muss das für sich entscheiden. Ein Talent ist er schon. 

Fohlen-Hautnah: Gibt es da eine Art Konkurrenzdenken zwischen Brüdern oder ist das kein Thema zwischen euch? 

Rocco Reitz: Wir helfen uns immer gegenseitig. Niemals würde sich einer vor den anderen stellen. Wir sind auch die ersten, die sich gegenseitig schreiben, wenn der andere etwas erreicht hat. Es wird keine negativen ‚Vibes’ zwischen uns geben. Er ist mein Bruder und da passt wenig zwischen uns. 

Fohlen-Hautnah: Du hast jetzt noch vier Jahre Vertrag bei Borussia Mönchengladbach. Welche Ziele hast du dir für diese Zeit gesteckt? 

Rocco Reitz: Ich würde gerne mal in Europa spielen. Das wäre schon ein Traum von mir. Ansonsten setzte ich mir persönliche Ziele eigentlich eher weniger. Aber klar, so Traumziele wie die Nationalmannschaft oder die U21-EM und Europapokalspiele hat man schon. Es wäre auch schön, in der Bundesliga auf die gleiche Anzahl an Spielen zu kommen und mehr Scorerpunkte zu sammeln als letztes Jahr. Aber da gehört viel Arbeit zu und es ist wichtig, gesund zu bleiben. Generell denke ich von Spiel zu Spiel. Nur wenn du dich ständig verbesserst, dann geht es mit den langfristigen Zielen nach oben. Ich mache mir da von daher keinen großen Kopf. 

Fohlen-Hautnah: Junge Talente hat Trainer Gerado Seoane auch mit ins Trainingslager genommen. Jetzt kommst du selber aus dem FohlenStall. Gibst du den Jungs hilfreiche Tipps oder kommen die auch mal mit Fragen auf dich zu? 

Rocco Reitz: Die Jungs wissen schon selber gut, wie es läuft. Aber wenn Sie mal eine Frage haben, dann bin ich definitiv da und habe ein offenes Ohr für sie. Die integrieren sich generell  super. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich viele Tipps geben muss. Wenn ich früher Fragen hatte, bin ich gerne zu Flaco und Tony gegangen, die hatten auch immer ein offenes Ohr.

Fohlen-Hautnah: Wenn du nicht auf dem Fußballplatz stehst: Was macht Rocco Reitz in seiner Freizeit? 

Rocco Reitz: Ich mache verschiedene Dinge. Ich gehe gerne mit meinem Hund und meiner Freundin spazieren, das tut immer gut. Auch auf den Golfplatz gehe ich gerne mit den Jungs. Meistens mit Jonas Omlin, Joe Scally und Tobi Sippel. Da versuche ich mich so gut es geht zu schlagen. Joe ist genau so schlecht wie ich (lacht). Wenn man nicht auf einem Niveau ist, dann macht das nicht so richtig Spaß. Ansonsten mag ich es eher ruhig und schaue Serien. Gerade jetzt in der Vorbereitung hast du nicht immer die Energie, noch irgendwas zu machen.

Fohlen-Hautnah: Am Ende der Saison waren einige Fans sehr verärgert und es gab viel schlechte Stimmung. Aktuell sind wieder weit über 1.000 Fans ins Trainingslager gereist und der Optimismus ist zurückgekehrt. Wie ist dein Eindruck?

Rocco Reitz: Das wundert mich im positiven Sinne nicht. Ich bin ja jetzt auch schon ein bisschen länger dabei – als Fan alleine schon aus familiären Gründen. Die Fans sind immer da. Gladbach liegt in Sachen Fans ganz, ganz weit vorne. Da lässt man sich nicht durch eine oder zwei schlechte Saisons aus der Ruhe bringen. Ich hoffe sehr, dass wir das zurückzahlen können. Es ist ein Geben und Nehmen. Wir haben in der letzten Saison ein bisschen mehr genommen als gegeben. Ich hoffe, dass sich das ändert und es wieder in die andere Richtung geht.

Fohlen-Hautnah: Wenn du auf die vorstehende Saison blickst. Wie lautet dein persönliches Saisonziel? 

Rocoo Reitz: Ich weiß, dass man sich ungern jetzt auf ein Ziel festlegt. Wir sind uns alle einig, dass es besser sein sollte, als in der abgelaufenen Saison. Aber jetzt zu Beginn der Saison zu sagen, dieser Platz soll es am Ende sein, ist schwierig. Man spielt einen langen Marathon und läuft keinen kurzfristigen Sprint ,der gleich vorbei ist. Das geht ein ganzes Jahr und es wird Auf und Abs geben. Es wird auch mal Rückschläge geben, aber vielleicht auch mal eine Siegesserie. Man kann das vorher nie sagen. Wenn du es nicht gut machst, dann versuchst du es besser zu machen. Deswegen denken wir immer von Woche zu Woche. Das ist auch für die Mannschaft einfacher. Wir sollten uns im Vergleich zur letzten Saison verbessern und weniger Gegentore kassieren. Wenn wir dann die gleiche Anzahl an Toren schießen, dann können wir schon oben mitspielen.

Fohlen-Hautnah: Bald beginnt die Saison mit der Eröffnung am Freitagabend gegen Leverkusen. Auf welche Spiele freust du dich am meisten? 

Rocco Reitz: Ich finde Leverkusen am Freitagabend zu Hause als Eröffnungsspiel schon geil. Das ist ein echtes Flutlichtspiel, da schauen viele drauf. Aber natürlich sind auch die Spiele gegen Bayern und Dortmund tolle Auswärtsspiele. Vor solchen Kulissen zu spielen, da träumt jeder Junge von. Das habe ich in der letzten Saison sehr genossen. Köln ist ja leider nicht mehr dabei, sonst würde ich das Spiel auch nennen. Da haben wir ja noch etwas gut zu machen.

Fohlen-Hautnah: Welche Schlagzeile soll denn am Ende der Saison in den Zeitungen stehen? 

Rocco Reitz: Ich bin nicht so für Schlagzeilen oder Ansagen. Aber wenn ich einen Wunsch frei hätte, wäre es natürlich die Qualifikation für Europa. Aber wir müssen realistisch bleiben. Die Bundesliga ist eine sehr schwierige Liga und da wollen wir es einfach besser machen, als in der vergangenen Saison.

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