Vor dem Spiel betonte Dieter Hecking, man wolle an die erste Halbzeit in Augsburg anknüpfen. Das gelang Borussia Mönchengladbach, vor allem in der ersten Minute, erstaunlich gut. Der Uhrzeiger hatte im Spiel noch keine volle Umdrehung hinter sich, da zappelte der Ball im eigenen Netz – genau wie eine Woche zuvor.
Nur hatten die Gladbacher Glück, dass Kevin-Prince Boateng die Situation nicht schnell genug erfassen konnte und er das reguläre Tor eines Mitspielers in einen ungültigen Treffer ummünzte. Die Hoffnung, dass das der Weckruf sein könnte, währte nicht lange und war spätestens nach vierzehn Minuten gänzlich dahin. Die Frankfurter überraschten die Gladbacher mit einem frühen Pressing und es schien, als wäre keiner im Borussen-Dress darauf vorbereitet gewesen. Clever liefen die Gäste immer wieder den ballführenden Spieler an, erzwangen so frühe und teilweise leichtfertige Ballverluste im Aufbauspiel. In der Defensive leistesten die Borussen oft lediglich Begleitschutz, Boateng konnte bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung machen, was er wollte.
Leicht auszurechnen
In der zweiten Halbzeit ließ man die Gladbacher dann „einfach mal machen“ und verzichtete auf Frankfurter Seite auf Ballbesitz. Der war auch gar nicht nötig, denn eine Fünferkette, die in einigen Situationen zu einer Sechserkette wurde, stellte für die Borussen ein unüberwindbares Hindernis dar. Für diese Passivität wäre die Eintracht von vielen Gegnern bestraft worden. Das Spiel der Fohlenelf hingegen war für die Frankfurter leicht auszurechnen. Viele Pässe, wenig Ertrag. Lars Stindl und Raffael konnten vorne nicht nennenswert in Szene gesetzt werden. An seiner besten Aktion war der Brasilianer ausnahmslos selbst beteiligt. Bei seinem Sololauf von der Mittellinie verpasste er es allerdings, im richtigen Moment den frei positionierten Mitspieler zu bedienen und lief sich im gegnerischen Sechzehner fest.
Auffällig unauffällig
Überhaupt ist Raffael in dieser Saison bis dato auffällig unauffällig. Das gesamte Offensivspiel der Borussia wirkte, wie Dieter Hecking auf der Pressekonferenz nach dem Spiel ebenfalls feststellte, viel zu verschnörkelt und zu kompliziert. Ein Querpass hier, ein Querpass dort und bevor man den Torabschluss sucht, wird der Ball lieber noch einmal zurückgelegt. Das ist in einigen Situationen sicher nicht verkehrt und die Ballsicherheit im letzten Drittel hat schon oft zum Erfolg geführt – allerdings wissen das die Gegner mittlerweile.
So waren die Läufe wenig ertragreich, es fehlten die Ideen und besonders Tempo. Herrmann blieb auf seiner Seite ebenso wie Hazard blass. Es schien, als sei man selbst überrascht davon, dass es mit den gewohnten Mittel und vor allem über die Außenbahnen nicht funktionierte. Die Mannschaft wusste sich nicht zu helfen, fand auch nach den Einwechslungen von Raúl Bobadilla und Jonas Hofmann keine Lösungen. Die Torchancen in der zweiten Spielhälfte sind nur was für die Statistik. Erwähnenswert höchstens der Distanzschuss von Lars Stindl, den Hradezcky stark entschärfte und die Chance von Hazard, der sich zunächst gut durchsetzte, um die Kugel anschließend Richtung Oberrang der Nordkurve zu knallen. Spätestens da mussten die VfL-Anhänger feststellen, dass es an diesem Samstag nicht mit einem eigenen Torerfolg klappen würde.
Zahlen können lügen
13 Eckbälle brachten keine Gefahr ein. Bei 70 Prozent Ballbesitz war man oft nur Verwalter und viele der 559 gespielten Pässe dienten lediglich als Alibi. Eine kleine Randnotiz: Die SGE erzielte bei 233 gespielten Pässen drei Tore, von denen zwei wegen Abseits nicht anerkannt wurden. Yann Sommer kann man indes keinen Vorwurf machen. Er hält, was zu halten ist und weist von allen Bundesligatorhütern nach drei Spieltagen den besten Notenschnitt (Kicker: 2,33) vor.
Gerade für ein Heimspiel war diese Vorstellung erschreckend schwach und emotionslos. Kein Ruck, der in den 90 Minuten durch die Mannschaft ging, kein kämpferisches Aufbäumen. Schon wenige Sekunden nach Abpfiff war das Stadion so leer wie schon lange nicht mehr. Deutliche Worte und eine schonungslose Analyse der Partie sind nötig, damit man am Samstag nicht von Leipzig überrollt wird. Dabei dürfte sich der ein oder andere Profi die Frage stellen, ob er sich dann wieder in der Startelf finden wird…