Nach der Partie in Kiel herrschte Gesprächsbedarf. Foto: Dirk Päffgen
Borussia legte bei der 4:3-Niederlage in Kiel einen denkwürdigen Auftritt hin. Zwar zeigten die Fohlen nach Rückständen Moral, aber ihnen fehlte über die komplette Distanz der entscheidende Wille und der letzte Biss. Die Saison plätschert aktuell vor sich hin und die große Chance Europapokal wird nicht genutzt. Tim Kleindienst wurde nach der Partie deutlich.
Keine Stabilität und zu viele Fehler
Der April darf als gebrauchter Monat für Borussia Mönchengladbach abgestempelt werden. Nur einen mageren Punkt, beim schmeichelhaften 1:1 bei Aufsteiger St. Pauli, stand auf der Habenseite. Dem stehen in den letzten drei Spielen drei Niederlagen und neun Gegentore gegenüber – eine erschreckend schwache Bilanz. Schon in Hamburg schrillten die Alarmglocken und man durfte sich bei der Offensive des Kiezklubs bedanken, dass das Ergebnis nicht höher ausfiel. Die so viel gelobte stabile Abwehrreihe ist nun spätestens nach vier Gegentreffern beim bis dato Schlusslicht Kiel Geschichte.
»Es war diesmal zu einfach, Tore gegen uns zu schießen, weil wir nicht die richtige Einstellung an den Tag gelegt haben. Als wir unsere Siegesserie aufgebaut haben, war die defensive Stabilität unsere Stärke, diese bekommen wir momentan nicht auf den Platz. Es hat bei uns an der Organisation und der Kommunikation auf dem Feld gemangelt. Wir müssen uns selbst hinterfragen, uns als Team zusammenreißen und Lösungen für diese Probleme finden«, gestand Borussias Kapitän Julian Weigl.
Borussia nach Ausgleich wieder mit Handbremse
Warum die Fohlenelf, die jeweils zweimal einen Rückstand wieder ausglich, den Schwung nicht nutze und wieder in sich zusammenfiel, ist fraglich. Zumindest versuchte es Jonas Omlin mit einem Erklärungsansatz. »Nach der Pause haben wir uns nochmal gestrafft, Moral gezeigt und zum 2:2 ausgeglichen. Danach wollten wir mehr und haben die gleichen Fehler wie in der ersten Halbzeit gemacht. Aber auch nach dem 2:3 sind wir nochmal zurückgekommen, trotzdem stehen wir am Ende mit leeren Händen da. Das ist sehr bitter«, sagte der Schweizer Torwart.
Mit leeren Händen stehen die Borussen, zumindest wenn es ums internationale Geschäft geht, auch am Ende der Saison dar. Im April hat es die Fohlenelf einfach komplett vergeigt und auch aus den Ergebnissen der Konkurrenz keinen Profit schlagen können. Der Europapokal wäre ein großer Bonus gewesen, den vor der Spielzeit wohl nur die wenigstens für möglich gehalten hätten; schließlich lautete das Ziel einstelliger Tabellenplatz. Angesichts der aktuellen Leistungen muss sich die Elf vom Niederrhein aber sputen, um das Minimalziel zu erreichen.
Kleindienst mit deutlichen Worten
Einem, dem das Auftreten gehörig gegen den Strich ging, war Tim Kleindienst. Zwar traf der 29-Jährige zuletzt beim Auswärtssieg in Bremen und steckt ebenfalls in der Krise, doch er wusste insgeheim auch, welche Chance Borussia liegen ließ. »Ich bin stinksauer und kurz vorm explodieren, aber das macht es auch nicht besser. Wir haben wieder ein Spiel verdient verloren. Es ist weder unser Anspruch noch unsere Qualität, mit vier Gegentoren in Kiel zu verlieren«, fand der Nationalspieler drastische Worte.
Laut ihm machen sich die Fohlen »das Leben selber schwer. In der ersten Hälfte haben wir uns zu viele individuelle Fehler erlaubt und keine Durchschlagskraft entwickelt. Mit dem Rücken zur Wand fangen wir erst an Fußball zu spielen. Auf Dauer wird es schwierig, erst in Rückstand geraten zu müssen, um aus den Latschen zu kommen.« Zwar steigerten sich die Gladbacher im Vergleich zur ersten Halbzeit in Sachen Torgefahr, die Defensive agierte aber erneut nicht sattelfest. Das monierte auch Kleindienst. » Wir sind in der Lage, drei Tore zu schießen, aber wir dürfen nicht vier kassieren. Vor allem bei Standards stimmt die Zuordnung nicht. Ich weiß nicht, ob es an der Kraft oder Konzentration liegt. Wenn wir so weitermachen, werden wir nicht mehr viele Punkte holen.«
Seoane zählt Fehler auf
Borussias Trainer Gerardo Seoane, der wohl seinen Vertrag am linken Niederrhein verlängern könnte, sprach von einem »spektakulären Spiel«. Der Schweizer zählte jedoch auch auf, woran es in Kiel fehlte. »Viele Dinge haben bei uns diesmal nicht gepasst. Wir haben viel zu schlecht verteidigt, sei es bei Standards, bei Umschaltsituationen oder in den direkten Duellen. Wenn du in der Bundesliga zu viele klare Situationen zulässt, kannst du nicht mit einem positiven Resultat belohnt werden. Positiv war die Reaktion in der zweiten Halbzeit, wodurch wir zweimal zum Ausgleich gekommen sind. Doch beim Umgang mit gewissen Spielphasen müssen wir noch einiges dazulernen«.
Um die Saison noch versöhnlich ausklingen zu lassen, verbleiben Borussia noch vier Spiele. Angesichts von vier Punkten Rückstand auf Platz sechs ist die Tür nach Europa verschlossen. Doch selbst um einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen (ein Punkt Vorsprung auf Rang zehn), ist eine deutliche Leistungssteigerung in der Schlussphase nötig.